
Visionen für den Einzelhandel
Die Zukunft des Einzelhandels ist nicht nur vom Verhalten der Konsumenten abhängig. Sie ist auch eng verbunden mit mutigen Konzepten für eine zeitgemäße Stadtentwicklung. Das zeigen die Siegerentwürfe eines studentischen Ideenwettbewerbs, den der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI in Kooperation mit Union Investment in Deutschland ausgelobt hat.
Das „Meister-Areal“ in Nürnberg ist ein typisches Beispiel für ein Fachmarktzentrum in Europa: Ein Hypermarkt und ein großer Elektronikfachhändler in Kombination mit einem weitläufigen Parkplatz für deren Kunden prägen das Bild. Nach diesem Konzept wurden und werden europaweit zahlreiche Einzelhandelsimmobilien zur erweiterten Nahversorgung entwickelt.
14 Entwürfe von 5 Hochschulen
Dass sich diese klassische Einzelhandelsnutzung auch anders denken und in ein lebendiges städtisches Quartier integrieren lässt, zeigen beispielhaft die Siegerentwürfe des studentischen Ideenwettbewerbs. Zu dem Wettbewerb wurden vom Kulturkreis der deutschen Wirtschaft fünf renommierte Hochschulen eingeladen. 14 Entwürfe wurden von den Studierenden eingereicht. Für Union Investment war Cyril Huebner, Senior Project Manager, Mitglied der siebenköpfigen Fachjury, die sich aus Immobilienfachleuten und Architektur-Professoren zusammensetzte. „Die Transformation des Einzelhandels wird ohne neue Impulse für die Stadtplanung nicht gelingen. Die Immobilienwirtschaft, aber auch politische Entscheider brauchen mehr Visionen, die sich von festgefahrenen Denkmustern lösen und gleichzeitig funktional überzeugen. Dafür steht der Siegerentwurf des Pixel Quartiers in besonderer Weise“, sagt Huebner.

Prof. Dr. Gunther Laux, Architekt und Professor für Städtebau Stadtplanung Entwerfen in Stuttgart, beschreibt den repräsentativen Charakter des Wettbewerbs wie folgt: „Die Aufgabe ‚Vom Handelsstandort zum Stadtquartier‘ zeigt, dass die Zukunft des Einzelhandels nicht mehr ohne den direkten Zusammenhang mit der Quartiersentwicklung im städtischen Kontext zu sehen ist. Zeitgenössische Quartiersstrukturen setzen daher immer mehr auf die Bewohner der urbanen Zukunftsgeneration, die sich einen Alltag ohne Privat-Pkw nicht nur vorstellen können, sondern leben wollen. Das Erledigen von Dingen des täglichen Bedarfs ‚en-passant’ erfordert dabei nicht nur einer räumlichen Nähe, sondern wird auch neue Gebäudetypologien hervorbringen, um diesen gesellschaftlichen und damit städtebaulichen Zielen zu entsprechen.“
Erster Platz: Pixel Quartier
Die Vision - Mehrgeschossiger Einzelhandel im Quartier
Der Entwurf für das Pixel Quartier hat die Jury durch seine modulare und flexible Raumgestaltung überzeugt. Große und kleine Elemente kommen in einem Quartier zusammen und mischen sich. Das Quartier beschreibt einen Übergang von nordwestlichen Gewerbeflächen, die in Beziehung zu bestehenden Gewerbeeinheiten gesetzt werden, hin zu südwestlich gelegenen Wohnflächen. Funktional betrachtet verfolgt es damit den Ansatz einer vertikalen Durchmischung. Darüber hinaus sind Formen des Urban Farmings sowie große Terrassenflächen angedacht, um die Lebensqualität zu steigern. Der Einzelhandel ist unter anderem in einem mehrgeschossigen Gebäude inklusive Parkhaus vorgesehen. Das Projekt könnte in mehreren Phasen entwickelt werden und nimmt damit unter anderem Rücksicht auf die Bestandsmieter Media Markt und Real.
Zweiter Platz: Synergy Spaces
Die Vision - Einzelhandel in Beziehung mit einem Wohn- und Arbeitsquartier
Dem Grundgedanken von Synergien folgend setzt der Entwurf Synergy Spaces stark auf die Durchmischung von Gewerbe- und Wohnflächen. Auch in diesem Konzept wird das Gewerbegebiet im Norden als wichtiger Bezugspunkt aufgegriffen. Wohnen und Arbeiten gehen in dem Entwurf in der Tat eng verwobene Synergien ein. Allerdings wirkt der Einzelhandel in dem Konzept etwas isoliert und fügt sich nicht wie angestrebt in den urbanen Quartiersgedanken ein. Ein größeres Gebäude im Südosten des Areals ist explizit für eine kulturelle Nutzung eingeplant. Dieses soll städtebaulich zur neuen U-Bahn Station und der geplanten Bebauung „Tiefes Feld“ überleiten. Auch bei diesem Entwurf wäre eine Entwicklung in mehreren Phasen möglich.
Dritter Platz: Roji62
Die Vision - Einzelhandel in EG und UG des Quartiers integriert
Der dritte Platz ist im Grunde ein Sonderpreis der Jury. Ziel von Roji62 ist ein besonders dichtes, autofreies, grünes Quartier, das hohen Wert legt auf eine starke Nachbarschaftsorientierung und eine gut durchmischte Altersstruktur der Quartiersnutzer. Der Entwurf folgt dem Vorbild kleinteiliger japanischer Bautypen und setzt mit einem hohen Anteil von Holzfassaden einen Schwerpunkt auf ökologisch nachhaltiges Bauen. Jeder Zwischenraum wird mit dem Stadtraum vermischt und das Leben findet dadurch auf geteilten Wohnstraßen mit viele kleinen Innenhöfen oder in privaten, aber extrovertierten Wohnungen statt. Der Einzelhandel verteilt sich in diesem Entwurf vor allem auf die Erd- und Untergeschosse der Quartiersgebäude im Osten entlang der Bahnstrecke. Die Wohnnutzung überbaut Handel und Gewerbe.
Vielfältige Möglichkeiten für den Einzelhandel
Der Ideenwettbewerb wurde von den Studierenden in erster Linie als praxisnahes Thema für ihre Abschlussarbeiten genutzt. Union Investment hat sich nicht verpflichtet, Ideen aus dem Wettbewerb aufzugreifen und umzusetzen. Die Konzepte zeigen aber exemplarisch die Vielfalt auf, wie sich Einzelhandel heute in eine moderne Stadtplanung integrieren lässt.