Interview: Hoteltrend Extended Stay

Apartmenthotels haben in Deutschland einen Marktanteil von rund drei Prozent. Dieser soll nach Maklerprognosen bis 2030 auf rund zehn Prozent anwachsen. Institutionelle Hotelinvestoren haben den Charme von Extended Stay-Konzepten bereits für sich entdeckt. Andreas Löcher und Martin Schaller von Union Investment erläutern im Interview die Hintergründe.

Bei einer Buchungsdauer von fünf bis 30 Tagen sprechen Hospitality-Fachleute von einem „Extended Stay“. Der Trend zu mobileren, vermehrt projektbezogenen Arbeitsformen, aber auch die Präferenz einiger Kurzzeitreisenden zu einem wohnähnlichen Aufenthalt, sorgt in dieser Hotel-Kategorie zurzeit für deutliches Wachstum. Ein Marktreport von Savills sagt beispielsweise voraus, dass die größten Anbieter von Extended-Stay-Konzepten ihr Zimmerangebot in Europa bis zum Jahr 2022 um rund 40 Prozent steigern werden.


Herr Schaller, was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Merkmale eines Hotelkonzepts für den längeren Aufenthalt? Und wo liegen die Unterschiede zum klassischen Short-Stay-Hotel?


Martin Schaller:
„Grundsätzlich ist auch bei den Extended Stay-Konzepten eine Anlehnung an die klassische Hotellerie klar erkennbar. Gleichwohl fallen zum Beispiel die öffentlichen Bereiche in der Regel kleiner aus, unter anderem weil für die Gäste das Thema Selbstversorgung eine größere Rolle spielt. Die Zimmer sind in der Regel mit Pantry-Küchen ausgestattet und anstelle eines Restaurants gibt es im Haus häufig einen kleinen Einkaufsmarkt für den täglichen Bedarf. Allgemein sollten die Zimmer eine eher gemütliche, wohnliche Ausstrahlung haben. Neben den Küchen tragen etwa auch Sofas oder weitere Elemente dazu bei, die an ein heimisches Wohnzimmer denken lassen.“


Martin Schaller, Leiter Asset Management Hospitality, Union Investment

Wie unterscheiden sich die Apartmenthotels im Betrieb? Welche Vorteile erhoffen sie sich von Extended-Stay Konzepten in der Bestandsverwaltung?


Martin Schaller:
„Die Grundannahme ist, dass sich Apartmenthotels aufgrund eines reduzierten Service-Angebots kosteneffizienter bewirtschaften lassen als Vollhotels. Im klassischen Hotel liegt die Aufenthaltsdauer der Gäste im Schnitt bei 1,8 Nächten, in Apartmenthotels sind es zwischen 3-5 Nächten. Längere Aufenthaltsdauern führen zu Kostenersparnissen. Das gilt zum Beispiel im Vertrieb, beim Check-in und Check-out sowie bei der Zimmerreinigung. So erzielt der Betreiber mit einem insgesamt geringeren Gästeumschlag einen höheren Nettoertrag. Auf der anderen Seite rechnen wir in der Regel auch mit höheren Betriebskosten, da etwa die Pantry-Küchen in den Zimmern instandgehalten werden müssen und die Apartments in Abhängigkeit zu ihrer Ausstattung einen höheren Flächenbedarf haben.“


Andreas Löcher:
„Aus Investoren-Perspektive lässt sich ergänzen, dass durch den Trend zu mehr Apartmenthotels für uns auch Standorte in den Blick rücken, die wir in der Vergangenheit noch weniger intensiv geprüft hätten. Denn jedes Hotelprodukt definiert sich durch seinen Standort. Wir haben beispielsweise vor Kurzem ein projektiertes Hotel der Marke Hyatt House in Eschborn bei Frankfurt am Main erworben. Hätte das Haus in diesem stark gewerblich geprägten Umfeld ein Short-Stay Konzept, wäre es für uns nicht in Frage gekommen. Für Eschborn ist ein Extended Stay Konzept schon allein deshalb sinnvoll, da am Standort eher über Wochenenden hinweg gebucht wird und so die Auslastung insgesamt gesteigert werden kann. Umgekehrt steigt so für uns der Handlungsspielraum im Ankauf.“


Andreas Löcher, Leiter Investment Management Hospitality, Union Investment

Wer sind Ihrer Meinung nach die wesentlichen Treiber für den wachsenden Marktanteil von Apartmenthotels?


Andreas Löcher:
„Anders als beim ersten großen Boom der Budget-Hotellerie vor einigen Jahren, sind es diesmal weniger neue Marktteilnehmer, die den Trend zum Apartmenthotel treiben. Stattdessen sorgen vielmehr die großen Hotelkonzerne mit neuen frischen Marken für das Wachstum. Dazu zählen beispielsweise Adagio und Adagio Access von der AccorHotels Group, das besagte Hyatt House von Hyatt, die Embassy Suites von Hilton, die Staybridge Suites von IHG, die Marke Residence Inn von Marriott – und einige mehr, die hier genannt werden könnten. Für uns als Investor bietet das den Vorteil, dass wir auf finanzstarke Partner mit viel Erfahrung in der Hotellerie treffen. Hinzu kommt, dass die neuen Marken an die Vertriebs- und Buchungssysteme der bekannten Konzerne angeschlossen sind. Auch das trägt zur Investmentsicherheit bei.“


Martin Schaller:
„Spannend ist in diesem Kontext auch ein Blick auf die jüngere Geschichte der Apartmenthotels. Extended Stay-Konzepte wurden in Australien bereits vor rund 30 Jahren populär, weil die Business-Destinationen auf dem Kontinent in der Regel sehr weit voneinander entfernt sind und Geschäftsreisende deshalb möglichst viele Termine in einer Stadt gebündelt haben. Marken wie Adina beispielsweise starteten damals noch mit sehr großzügig bemessenen 1-2 Bedroom-Konzepten. Heute geht der Trend zumindest in Europa eindeutig zur Flächenverdichtung mit kleineren Zimmern im Studio-Stil. Neue Konzepte in der Innenausstattung beschleunigen diesen Trend, der für die Betreiber und Eigentümer der Flächen auch eine höhere ökonomische Nutzungseffizienz bedeutet.“


Wie sieht es mit den Renditen für Apartmenthotels aus? Und ist es für Union Investment denkbar, einen eigenen Spezialfonds für Extended Stay-Konzepte aufzulegen?


Andreas Löcher:
„Apartmenthotels sind für uns eine spannende Möglichkeit, unser Hotelportfolio weiter zu diversifizieren, um die Vielfalt der heutigen Übernachtungsangebote auch in unserem Bestand abzubilden. Ein Geheimtipp für Investoren sind sie aber nicht. Daher bewegen sich die Ankaufsrenditen in etwa auf demselben Niveau wie bei den klassischen Hotels. Ein eigener Spezialfonds, wie wir ihn etwa im Bereich der Budget-Hotellerie aufgelegt haben, kommt für Union Investment zurzeit nicht in Frage, da das Marktsegment insgesamt noch zu klein ist. Gleichzeitig stärken aber nachhaltige neue Hotelkonzepte grundsätzlich das Vertrauen unserer Fondsmanager in die Nutzungsart Hotel, was uns neue Spielräume im Ankauf schafft.“


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