Mehr als nur Paris

Der französische Hotel-Investmentmarkt wird von den regen Transaktionsaktivitäten in UK, Spanien und Deutschland bislang klar überschattet. Dabei bieten sich für Investoren in Frankreich derzeit spannende Möglichkeiten – auch außerhalb von Paris.

Das Investmentvolumen für Hotelimmobilien in Frankreich lag 2018 bei rund 1,8 Milliarden Euro. Im selben Jahr wurde in Deutschland rund das doppelte Volumen für Hotels gehandelt – und in UK sogar das dreifache. Ein ähnliches Kräfteverhältnis ist für 2019 zu erwarten. Trotzdem gilt: Investoren, die ihr Portfolio in Europa diversifizieren und ausbauen wollen, sollten Frankreich nicht außer Acht lassen.


Millenials sorgen für Wachstum in Paris

Der erste Blick fällt wie immer auf Paris, den zweitgrößten europäischen Hotelmarkt nach London – und in etwa gleichauf mit Berlin. Zwar ist die Neubaupipeline in Berlin deutlich größer als in Paris und die deutsche Hauptstadt wird die französische in Kürze überholen, aber auch in Paris gibt es Neubauaktivitäten, die Investoren auf den Plan rufen. Die Hoffnung liegt zu großen Teilen auf neuen Hospitality-Ansprüchen der Millenials, die aus Sicht von Experten vor allem Lifestyle-Konzepte für kürzere Aufenthalte und Extended-Stay Konzepte für längere Projektphasen nachfragen.


„Neben neuen Lifestyle-Marken gehört Extended-Stay im Hotelbereich definitiv zu den attraktivsten Anlageklassen“, sagt beispielsweise Asli Kutlucan, Chief Development Officer bei Cycas Hospitality und ergänzt: „Ich bin überzeugt davon, dass die Trends der Sharing-Economy den Europäischen Hotelmarkt verändern werden. Unser Ansatz, moderne Hotelcluster zu bilden ist eine gute Möglichkeit, Synergien zwischen Co-Living und Co-Working zu erzeugen:“ Unter dem Cluster-Ansatz versteht Kutlucan vor allem, verschiedene Hotelkonzepte an einem Standort miteinander zu kombinieren – häufig sogar zusammen unter einem Dach. Ein Beispiel dafür ist die Kombination aus Hyatt Place als Lifestyle-Marke und Hyatt House als Extended-Stay Konzept, die Cycas Hospitality bis 2020 im Gewerbepark Paris Nord 2 in Reichweite des Flughafens Charles de Gaulle realisiert.


Hyatt House / Hyatt Place Paris, Charles de Gaulle
Cycas Hospitality

Vernetzung der Hotelimmobilie mit ihrer Umgebung

Andere Marktbeobachter denken diesen Ansatz noch einen Schritt weiter. Romain Gowhari von der Hotels & Hospitality Group bei JLL etwa spricht explizit von „Co Co“-Strategien, die den Hotelinvestmentmarkt in Paris weiter beleben werden. Dahinter steht die Idee, dass Hotelangebote durch Co-Working Spaces und Co-Living-Flächen ergänzt werden, um Hotels noch besser in ihr urbanes Umfeld zu integrieren. Schließlich geht es in Paris auch darum, die Attraktivität von Hotels für moderne stadtplanerische Visionen zu erhöhen. Insofern sollten sich Hotelimmobilien noch besser mit ihrer Umfeld vernetzen und zu lebendigen gemischt-genutzten Quartieren beitragen.


Die Überzeugungskraft neuer Konzepte könnte dann auch helfen, baurechtliche Regularien in Paris zu lockern und Bauphasen insgesamt zu beschleunigen. Auf diesen Schwachpunkt des Pariser Immobilienmarktes weist Alexandre Couturier, Partner bei Clifford Chance, hin und stimmt damit etwas nachdenklichere Töne an: „Ich frage mich, wie wir die neuen Trends, die von der Sharing Economy getrieben werden, abbilden sollen. Aus meiner Sicht ist das nur in neuen Hotelimmobilien möglich. Aber Bautätigkeiten sind in Paris stark reguliert.“


Investoren gehen auch in Projekte

Komplizierte bau- und planungsrechtliche Verfahren mögen ein Grund sein, der Hotelinvestoren davon abhält in Frankreich tätig zu werden. Gleichzeitig ist aber die Bereitschaft gestiegen, auch frühzeitig in Projektentwicklungen einzusteigen. 2017 entfielen nur 16 Prozent des Hotelinvestmentvolumens in Frankreich auf Projektentwicklungen, 2018 waren es immerhin schon 24 Prozent.


Union Investment zum Beispiel plant im Rahmen ihrer Diversifizierungsstrategie auch ihren Hotelanteil in Frankreich auszubauen. Von 75 Hotelimmobilien, die der Hamburger Immobilien-Investment Manager in neun Ländern im Bestand hält, befinden sich aktuell nur zwei in Frankreich. Das soll sich ändern: „Wir bereiten aktuell unser Comeback in Frankreich vor“, sagt Andreas Löcher, Leiter Investment Management Hospitality bei der Union Investment Real Estate GmbH. „Paris steht bei uns ganz oben auf der Liste, auch für Investitionen in Projektentwicklungen. Darüber hinaus bieten aber auch die französischen Regionalmärkte attraktive Möglichkeiten, die wir unter anderem mit einem neuen Fonds nutzen können. Außerdem sehen wir gute Chancen für Portfolioankäufe, die unter anderem auch kleinere Hotels beinhalten könnten.“


Portfolioverkäufe in Planung?

Tatsächlich lag der Anteil an Portfolioverkäufe auf dem französischen Hotelmarkt 2018 mit einem Anteil von 6,1 Prozent auf einem rekordverdächtigen Tiefpunkt. Dies lässt sich wiederum auch als ein Zeichen deuten, dass neue Portfolioverkäufe derzeit in Planung sind und entsprechende Portfolien in Kürze auf den Markt kommen.


Die Attraktivität der Sekundärmärkte

Romain Ghowari erinnert daran, dass internationale Investoren für Hotelkäufe in Frankreich nicht nur Paris im Blick haben sollten, sondern darüber hinaus auch eine Reihe an attraktiven Sekundärstandorten. „Bei den Standorten in der zweiten Reihe ist Nizza der Markt, auf den sich Investoren in den nächsten Jahren fokussieren sollten. Dort gibt es ein beachtliches Potenzial für RevPar-Wachstum.“ Neben Nizza nennt der JLL-Experte auch Bordeaux, Lille, Nantes, Lyon und Toulouse, bei denen sich aus internationaler Perspektive ein zweiter Blick auf positive regionale Entwicklungen lohnt.


Das Maklerhaus Christie & Co. hat in seiner Frankreich-Analyse zudem noch Marseille auf dem Radar. Ein Report für das Jahr 2018 bescheinigt Nizza im Jahresvergleich ein RevPar-Wachstum von 7,4 Prozent, gefolgt von Nantes mit 7,2 Prozent. Lyon mit einem Plus von 3,5 Prozent und Marseille mit 2,8 Prozent haben schon einen klaren Abstand zu den Spitzenreitern, entwickeln sich aber ebenfalls spürbar positiv.


Titelbild: Jan-Frederik Wäller

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