
Hotels müssen ihre Treibhausgasemissionen drastisch senken, wenn die Branche ihren Beitrag zum Erreichen des im Pariser Klimaschutzabkommen gesetzten Temperaturziels leisten will. Dazu bedarf es einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Betreibern und Eigentümern. Von Paul Allen
Herausforderung Hotel: Für die Umsetzung von Maßnahmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit werden genaue Daten zu allen Aspekten des Hotelbetriebs benötigt, die das relevante Potenzial erkennen lassen. Die dafür notwendige Datenerhebung kann nur in enger Zusammenarbeit zwischen Betreibern und Eigentümern erfolgen. Daran hapert es aktuell vielfach.
„Viele Betreiber sind nicht bereit, umfassende Verbrauchsdaten bereitzustellen und notwendige Optimierungsmaßnahmen gemeinsam voranzutreiben“, meint Henning Schneekloth-Plöger, Senior Asset Manager Hospitality bei Union Investment. „Vielen fällt es schwer, die volle Transparenz herzustellen. Sie befürchten, dass der Eigentümer sich zu stark in die betrieblichen Angelegenheiten einmischen könnte.“
Auswirkungen betrieblicher Entscheidungen anhand von Daten verfolgen
Diese fehlende Transparenz hat die europaweit tätige Immobilieninvestmentgesellschaft Propreal Capital Partners dazu bewogen, das PropTech-System Bluekern zu entwickeln, eine zentrale Datenbank, die valide Informationen bereitstellt. Das ursprünglich für eigene Zwecke entwickelte System steht jetzt als eigenständiger Service auch Externen zur Verfügung.
„Bluekern übernimmt das tiefgreifende Monitoring der einzelnen Datenpunkte einer Immobilie und verknüpft die Informationen mit den Buchhaltungsdaten sowie mit relevanten externen Daten wie etwa Wetterprognosen, UV-Belastung oder Luftqualität“, erklärt Bluekern-Geschäftsführer Sébastien Le Bras. „Die Daten schaffen eine dauerhafte Verbindung zwischen einzelnen Ereignissen, die im Hotel stattfinden, und den Geschäftszahlen. Daraus lassen sich wichtige Kennzahlen ableiten. Somit können Betreiber und Eigentümer die Auswirkungen von betrieblichen Entscheidungen aus finanzieller Sicht und auch unter dem Aspekt Nachhaltigkeit verfolgen.“
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Der Eigentümer darf sich nicht mit Umsatzzahlen zufriedengeben. Er benötigt umfassende Einblicke in die Kostensituation sowie die Nachhaltigkeit des Betriebs.
Auf der Grundlage zuverlässiger Daten lassen sich Optimierungsmaßnahmen umsetzen und Prognosen erstellen. „Indem zum Beispiel jeder Einkauf mit einem Verkauf verknüpft wird, kann verderbliche Ware überwacht und die Menü- und Bestandsplanung optimiert werden, was sowohl der Nachhaltigkeit als auch der Rentabilität zugutekommt“, so Le Bras. Anhand standardisierter Finanzberichte können Hotels außerdem den Erfolg ihrer Nachhaltigkeitsmaßnahmen mit dem anderer Häuser abgleichen.
Betreiber haben die Möglichkeit, die Abläufe im Hotel sowie die wichtigsten Kennzahlen der einzelnen Bereiche in Echtzeit zu verfolgen. Da beiden Seiten dieselben Daten vorliegen, können Eigentümer und Hotelmanagement auf Augenhöhe über die Strategie für das Objekt diskutieren, wie Marcus Siggelow, Head of Asset Management bei Propreal, ausführt: „Der Eigentümer darf sich nicht mit Umsatzzahlen zufriedengeben. Er benötigt umfassende Einblicke in die Kostensituation sowie Informationen über die Nachhaltigkeit des Betriebs. Voraussetzung dafür ist die volle Transparenz.“
Engere Zusammenarbeit zwischen Betreiber und Eigentümer erforderlich
Auch in der Nachhaltigkeitsstrategie von Union Investment ist die Datenerhebung ein entscheidendes Instrument. „Aktuell setzen wir künstliche Intelligenz für die Erhebung von Verbrauchsdaten auf der Grundlage von Heiz-, Wasser- und Stromrechnungen ein“, erklärt Assetmanager Schneekloth-Plöger. „Unser System basiert auf der ESG-Software von Goby, die wir gezielt an unsere Bedürfnisse angepasst haben. Den stetig wachsenden Datenbestand können wir dann dazu nutzen, die Nachhaltigkeit des Portfolios zu bewerten.“
Das Unternehmen geht derzeit aktiv auf seine Hotelbetreiber zu, um das Energiemonitoring möglichst in allen Objekten zu implementieren. In 28 Häusern ist dies bereits geschehen. „Eigentümer und Betreiber haben so die Möglichkeit, den Energieverbrauch zu überwachen und Optimierungen vorzunehmen“, so Schneekloth-Plöger. „Diese Botschaft kommt angesichts der steigenden Energiepreise zunehmend bei den Betreibern an. Inzwischen ist es sogar so, dass sie an uns herantreten, damit wir gemeinsam nach Lösungen suchen können“, fügt er hinzu.
Nachhaltigkeit berücksichtigen wir konsequent bei allen Modernisierungen und Umstrukturierungen.
Die Hotelmanager, mit denen zum Beispiel UBM Hotels Management in Polen zusammenarbeitet, verfolgen ebenso wie UBM Development klar definierte Nachhaltigkeitsziele. Das bei ihnen installierte Energiemonitoring-System EUDT ermöglicht eine übersichtliche Echtzeitdarstellung der Verbrauchsdaten und eine genaue, zeitnahe Auswertung der Ergebnisse von Energiesparmaßnahmen. Den Technikern vor Ort liefert es somit eine solide Entscheidungsgrundlage für die Optimierung des Energieverbrauchs ihrer Häuser. Derartige Energiemonitoring-Systeme wurden entweder direkt beim Bau oder nachträglich bei zehn der zwölf Hotelimmobilien installiert, die Union Investment zusammen mit UBM verwaltet, darunter das Radisson Blu in Krakau und das Holiday Inn Express Alexanderplatz in Berlin.
Auf dem Weg zur Klimaneutralität hat Union Investment damit begonnen, im Rahmen der Sanierung und Modernisierung des Hotelportfolios Nachhaltigkeitsklauseln in den Mietverträgen zu vereinbaren. Als Beispiele sind das Steigenberger Hotel in Hamburg und das Radisson Blu im DomAquarée in Berlin zu nennen. „Das Thema Nachhaltigkeit berücksichtigen wir konsequent bei allen Modernisierungen und Umstrukturierungen, die in den nächsten drei bis fünf Jahren anstehen“, erklärt Schneekloth-Plöger.
Jedes Hotel idealerweise von Anfang an auf Nachhaltigkeit ausrichten
Auch bei dem auf Mischnutzungskonzepte spezialisierten Betreiber Kerten Hospitality haben ESG-Kriterien einen hohen Stellenwert. Für ihn ist die Zusammenarbeit aller Stakeholder der Schlüssel zum Erfolg. Jedes Projekt sollte idealerweise von Anfang an konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein.
„Die Nachhaltigkeit sollte schon bei Entwurf, Planung und Bau eine Rolle spielen“, meint Marloes Knippenberg, CEO von Kerten Hospitality. „Viele Aspekte des nachhaltigen Bauens bedürfen zu Beginn eines Projekts der Zustimmung der Eigentümer, zum Beispiel was die Einhaltung der LEED-Standards, biophiles Design, Solar- und Windkraftanlagen, Abfallrecycling und Kompostierung, Grau- und Regenwasseraufbereitung oder auch die verwendeten Farbprodukte angeht.“
Investor und Betreiber müssen einander vertrauen. Dies gilt für die Konzepte und angestrebten Ergebnisse, aber auch für den langfristigen Nutzen der Maßnahmen.
Gefragt ist eine eigene Strategie für jede Immobilie und für jeden Standort, damit die Einhaltung der vor Ort geltenden Vorschriften gewährleistet ist. „Das Abfallrecycling zum Beispiel ist in den einzelnen Ländern unterschiedlich geregelt. In einigen sind die Unternehmen sogar gesetzlich zum Recycling verpflichtet“, merkt Knippenberg an. „Viele Investoren scheuen die höheren Vorlaufkosten und verlangen Renditenachweise für den Zeitraum von zwei bis drei Jahren“, räumt sie ein. „Der Betreiber muss dann innovativ sein und überlegen, wie er die betriebliche Effizienz steigern und die Kosten langfristig senken kann. Wer sich mit ESG-Praktiken auskennt, kann die Nachhaltigkeit eines Objekts während des gesamten Lebenszyklus sicherstellen, auch wenn es umgenutzt oder umgebaut wird.“
„Investor und Betreiber müssen einander vertrauen. Dies gilt vor allem für die Konzepte und die damit angestrebten Ergebnisse, aber auch für den langfristigen Nutzen der Maßnahmen – für die Umwelt, das Unternehmen, die Menschen und die Gesellschaft“, so die Chefin von Kerten Hospitality abschließend.
Von Paul Allen