Strategischer Move

Mit dem Erwerb der Büroimmobilien St. Andrews House und Finsbury Circus in London stieg Union Investment bereits 1992 in den britischen Markt ein. 30 Jahre danach ist das Unternehmen jetzt mit einer eigenen Präsenz ganz nah am Puls eines der größten Immobilienmärkte der Welt. Text von Judi Seebus, Fotos von Urban Zintel

Der Brexit hat bei Union Investment das Interesse am britischen Immobilienmarkt nicht geschmälert. Im Vorfeld und auch nach dem Brexit-Referendum 2016 waren Büroimmobilien in London und Regionalstädten für das Unternehmen weiterhin attraktiv: Es investierte bis zum EU-Austritt des Landes im Januar 2020 rund 1,2 Milliarden Pfund (1,4 Milliarden Euro) in den Ausbau des britischen Portfolios. Der Investment­manager ist auch auf dem irischen Markt aktiv, wo seit Kurzem ergänzend zu Büro- und Hotelobjekten auch Wohn- und Logistikimmobilien im Fokus stehen. 


Mit dem neuen Büro für das Vereinigte Königreich und Irland erhöht sich die Zahl der europäischen Niederlassungen des Unternehmens auf fünf, neben dem Hauptsitz in Hamburg und den regionalen Büros in Brüssel, Madrid, Paris und Wien. Das Londoner Büro ist mit einem starken UK & Ireland-Trio gestartet: Miles Skinner, Head of Transactions, Jacob Thompson, Investment Manager, sowie Peter McNamara, Senior Asset Manager. Als Vierter kam im August 2022 Jack Winsley hinzu, der ebenfalls als Senior Asset Manager fungiert. Alle vier sind mit dem britischen Immobilienmarkt bestens vertraut, auch ihren neuen Arbeitgeber kannten sie vorher schon gut. „Die Marke Union Investment hat am britischen Markt einen erstklassigen Ruf. Sie hat hier als zuverlässiger, glaubwürdiger Investor eine hervorragende Erfolgsbilanz vorzuweisen“, bestätigt Miles Skinner.


„Wie wertvoll eine Niederlassung in London sein kann, wurde während der Corona-Pandemie deutlich“, erklärt Christiane Bührsch, Gruppenleiterin Asset Management Europe 1 bei Union Investment. „In Paris hatten wir bereits ein Team von Asset- und Investmentmanagern vor Ort, was sich als großer Vorteil erwies, als es darum ging, unsere Mieter angesichts von Lockdowns und Einschränkungen zu unterstützen. Ein enges Verhältnis zu unseren Mietpartnern ist vor diesem Hintergrund noch wichtiger geworden. Im Übrigen ist eine gut vernetzte Niederlassung vor Ort auch ein guter Türöffner: Sie bietet neue Chancen und macht es möglich, dass wir etwas höhere Risiken eingehen.“


1992

stieg Union Investment in den britischen Immobilienmarkt ein.

Union Investment will im britischen Immobilienmarkt mehr wagen

„Der britische Markt passt sich gerade an die neuen Begebenheiten an“, so Adam Irányi, Leiter Investment Management Offices Europa. „Das neue Büro kommt also genau zum richtigen Zeitpunkt. Es ist für uns von entscheidender Bedeutung, Experten vor Ort zu haben, die für uns die Augen und Ohren offen halten, damit wir schnell reagieren und fundierte Entscheidungen treffen können.“ Das Unternehmen verfügt bereits über einen beachtlichen Bestand an Büro- und Hotelimmobilien im Vereinigten Königreich, vornehmlich in London, aber auch in wachstumsstarken Regionalstädten wie Glasgow, Edinburgh, Manchester und Birmingham. 


Insgesamt beläuft sich der Wert des Portfolios in UK und Irland auf rund 3,6 Milliarden Pfund (4,2 Milliarden Euro). Davon entfällt 1 Milliarde Pfund auf Dublin. Das britische Portfolio konnte in allen Marktzyklen erfolgreich verjüngt werden und die Umschlagsgeschwindigkeit ist hier höher als in anderen Ländern. Das kontinuierliche Monitoring der Verkaufsmöglichkeiten sowie Ankäufe gehören zu den Hauptaufgaben des Londoner Teams.


„Union Investment hat nach Experten gesucht, die im Markt tief verwurzelt sind und die Entwicklung hin zu einer aktiveren Value-Add-Investmentstrategie im Vereinigten Königreich unterstützen können“, erklärt Martin Schellein, Leiter Investment Management Europa. „Wir wollen auf der Risikokurve nach oben und in einem gewissen Umfang Vermietungsrisiken übernehmen. Wir sind ein aktiver Investment- und Assetmanager, der sich flexibel auf die Marktgegebenheiten und Zyklen einstellt. Diese Flexibilität verdanken wir unserer breiten Fondspalette, mit der wir die Core- und Core-Plus-Märkte mit Losgrößen von 40 bis 400 Millionen Pfund abdecken.“


1,4 Milliarden Euro

investierte Union Investment in UK zwischen Brexit und Austritt aus der EU.

Groß und transparent: Der britische Investmentmarkt hat weltweite Relevanz

Immer strengere ESG-Anforderungen spielten ebenfalls eine Rolle. Union Invest­ment hat eine eigene Nachhaltigkeitsabteilung und setzt ausgeklügelte Monitoringsysteme zur Analyse des Portfolios ein. Aber es wird auch immer wichtiger, den Bestand eingehender vor Ort zu betrachten und sich ein ganzheitliches Bild von den ein­zelnen Objekten und ihrer jeweiligen Umgebung zu verschaffen. „Jedes Gebäude hat seine spezifischen Herausforderungen und Eigenarten. Außerdem müssen wir bei neuen technischen Maßnahmen zur Umsetzung der ESG-Ziele die von Land zu Land unterschiedlichen Anforderungen berücksichtigen“, erklärt Cathrin Schwartz, Leiterin Asset Management Europa bei Union Investment.


Explodierende Energie- und Baukosten in Verbindung mit steigenden Finanzierungs- und Hedgingkosten sind keine idealen Voraussetzungen für eine Verstärkung der Kaufaktivitäten oder für die Entwicklung neuer Projekte, die mit einer höheren Risikobereitschaft einhergeht. 


4,2 Milliarden Euro

Volumen umfasst das Portfolio von Union Investment in UK und Irland.

Miles Skinner zeigt sich dennoch zuversichtlich: „Union Investment steht in dem Ruf, anspruchsvoll und geduldig zu sein, und glaubt auch nach dem Austritt aus der EU an den britischen Markt. Das Unternehmen war über alle Marktzyklen hinweg, auch während der Pandemie, zur Zeit des Referendums und in der globalen Finanzkrise ein Nettokäufer. Der britische Immobilienmarkt verzeichnet weiterhin sehr solide Fundamentaldaten und hat dank seiner Transparenz und Liquidität, der modernen regulatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, der vorhandenen Expertise und seiner beachtlichen Größe nach wie vor weltweite Relevanz. Da Großbritannien nicht Teil der Eurozone ist, bietet der Markt außerdem Diversifizierungspotenzial. Andererseits bestehen in Irland, das zur Eurozone gehört, in Zeiten erhöhter Währungsrisiken attraktivere Renditeaussichten als in Großbritannien.“


Nachdem Union Investment bereits am irischen Wohnimmobilienmarkt auf spekulative Forward-Funding-Projekte gesetzt hat, wird das neue Londoner Team auf dem britischen Markt nach ähnlichen Chancen suchen. „Die Risikobereitschaft ist aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Unwägbarkeiten vorübergehend gedämpft. 


Schlagkräftiges Team. Adam Irányi, Head of Investment Management Office Europe, Jacob Thompson, Investment Manager UK & Ireland, Miles Skinner, Head of Transactions UK & Ireland, und Martin Schellein, Abteilungsleiter Investment Management Europa (v. l. n. r.).
Urban Zintel

5 europäische Niederlassungen

in Brüssel, London, Madrid, Paris und Wien unterhält Union Investment neben Ihrem Immobilien-Hauptsitz in Hamburg.

Eine Investition in den britischen Wohn­immobilienmarkt wird anvisiert

Aber für den Einstieg in den britischen Wohnimmobilienmarkt kommt nicht nur der Großraum London infrage, auch Sekundärstädte wie Birmingham und Manchester bieten entsprechendes Potenzial“, so Jacob Thompson. „Am Mietwohnungsmarkt beobachten wir zurzeit erhebliche Mietsteigerungen. Der Sektor eignet sich gut für defensive Anlagestrategien.“ 


„Am Markt für Einzelhandelsimmobilien kam es in den letzten Jahren zu erheblichen Korrekturen, die zugleich Möglichkeiten für Investitionen in neu bewertete Objekte eröffneten, vor allem im Rahmen von Umnutzungen“, merkt Peter McNamara an. „Das Wertpotenzial im Immobilienbestand einschließlich Büroimmobilien maximal auszuschöpfen ist ein laufender Prozess. Hierbei zahlt sich die Zusammenarbeit mit dem fachlich sehr versierten Asset Management in Hamburg bereits aus. Ich freue mich, Teil eines großen Teams zu sein, und tausche mich täglich mit den deutschen Kolleginnen und Kollegen aus. Das ist sehr hilfreich.“ 


Die neuen Kollegen des Londoner Büros verbindet die gemeinsame Liebe zum Fußball. Diesen Umstand haben sie auch gleich für ein erstes Teambuilding für genutzt. Bei der Frage, wie sportlich sie denn nun selbst seien, gehen die Antworten auseinander: „Die einen gehen häufiger ins Fitnessstudio, die anderen eher selten“, meint Peter McNamara schmunzelnd.


Text von Judi Seebus, Fotos von Urban Zintel


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