Neues wagen

Als Michael Bütter, CEO der Union Investment Real Estate GmbH, über eine neue Wachstumsstrategie für das Unternehmen nachdachte, machte er nicht bei den Investmentzahlen halt. Vielmehr wollte er alle Mitarbeitenden in den Prozess einbeziehen, um so eine stärkere, nachhaltigere Unternehmenskultur zu etablieren. Von Isobel Lee

Anfang 2020 brachte die Geschäftsführung von Union Investment eine umfassende Strategie für die Transformation des Unternehmens auf den Weg. Unter dem Namen IMMOmentum, einer Wortschöpfung aus „Immobilien“ und „Momentum“, gehörte auch ein Mandat für einen deutlichen Kulturwandel innerhalb des Unternehmens dazu. „Der Kulturwandel ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Wachstumspläne“, erklärt CEO Bütter. „Vor zweieinhalb Jahren haben wir das Projekt IMMOmentum gestartet, um unsere Gesamtstrategie von den Geschäftsprozessen bis hin zu den Transaktionsvolumina zu analysieren und uns dabei auch mit unserer Kultur und unseren Werten auseinanderzusetzen.“ „Wir haben eine starke DNA, die uns in der Vergangenheit zum Erfolg geführt hat. Aber jedes Unternehmen, das erfolgreich bleiben will, muss sich dem Wandel stellen“, so der CEO weiter. 


Dank eines einzigartigen Ansatzes brachte die anschließende Analyse einige ebenso überraschende wie wertvolle Erkenntnisse hervor. „Viele Unternehmen fangen zunächst beim Management an und zwingen die Veränderungen dann den untergeordneten Stellen auf. Stattdessen haben wir zuerst die Mitarbeitenden befragt, wo sie Verbesserungsbedarf sehen. Dabei stellte sich heraus, dass es fünf verbesserungswürdige Bereiche gibt, die aktuell bewertet werden sollen. Auch das Führungsteam wird in die Bewertung einbezogen, da wir mithilfe einer positiven Feedbackschleife Verbesserungen erzielen wollen.“


Gemeinschaft und Identität sind ­entscheidende Erfolgsfaktoren

Zu den notwendigen Veränderungen im zwischenmenschlichen Bereich gehörten Faktoren wie etwa die Verbesserung der Zusammenarbeit, die Überwindung des Silodenkens und die stärkere Lösungsorientierung durch mehr Eigenverantwortung. „Verbesserungen sind bereits festzustellen“, kommentiert Bütter. „Im gesamten Immobilienbereich kommunizieren wir jetzt viel mehr – zwischen den Organisationseinheiten und auch über Hierarchieebenen hinweg. Unterdessen hat ein verändertes Führungsverhalten dazu geführt, dass eigenständiger gearbeitet werden kann.“ Weitere Anzeichen für mehr „Mut“ seien eine größere Offenheit für neue Ideen, so Bütter weiter, sowie die Bereitschaft, gewohnte Prozesse infrage zu stellen und ausgetretene Pfade zu verlassen. Dieser interne Analyseprozess hat auch gezeigt, dass Gemeinschaft und Identität entscheidende Erfolgsfaktoren sind. Das Unternehmen steht zu seiner Verantwortung, was aber nicht ausschließt, dass die Mitarbeitenden ihrerseits als verantwortungsbewusste Individuen handeln und die langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen abwägen. „Wir befinden uns damit auf einer Reise“, so der CEO. „An deren Anfang stand eine Kultur der Risikovermeidung, die uns tendenziell bremst und ineffizient macht. Das gilt nicht nur für uns oder die Immobilienbranche insgesamt, sondern ist vor allem ein typisch deutsches Phänomen.“


Das Next Generation Board berät die oberste Führungsebene

Damit der Wandel auch in allen Bereichen des Unternehmens ankommt, hat Bütter in allen Abteilungen und auf allen Organisationsebenen Botschafterinnen und Botschafter für das Programm ernannt. „Sowohl die Geschäftsführung als auch das Botschafterteam haben bereits eindrucksvolle Berichte vorgelegt“, bestätigt er. „Wir sind seit jeher ein konsensorientiertes Unternehmen und wollen diese Stärke nutzen, um künftig noch besser zu werden.“ Um ein möglichst breites Spek­trum an Stimmen zu berücksichtigen, hat Union Investment zudem das sogenannte Next Generation Board ins Leben gerufen. Es setzt sich aus drei männlichen und drei weiblichen Nachwuchskräften im Alter von 29 bis 32 Jahren zusammen und dient der Geschäftsführung seit März als Beratungsgremium. Laut Bütter bringt es „vielfältigere, jüngere, frischere und attraktivere“ Ansichten in die Geschäftsführung ein. Weiterhin erklärt er: „Sie haben eine Stimme, die gehört wird. Sie können Themen einbringen und Diskussionen anstoßen – und das haben sie bisher auch ganz unverblümt gemacht. Damit heben wir uns positiv vom Mitbewerb ab, wie wir auch von jungen Bewerbern gehört haben. Und unserem Beispiel folgend sind auch andere dazu übergegangen, die Nachwuchskräfte besser einzubeziehen!“


Wir haben eine starke DNA, die uns in der Vergangenheit zum Erfolg geführt hat. Aber jedes Unternehmen, das erfolgreich bleiben will, muss sich dem Wandel stellen.
Michael Bütter CEO, Union Investment Real Estate GmbH

Bezüglich der Frage, inwieweit die Kunden von Union Investment diese ganzen Veränderungen wahrnehmen, ist der CEO sich sicher, dass die Eindrücke durchweg positiv sein werden. „Sie werden ein dynamischeres Unternehmen mit mehr Unternehmergeist erleben. Wir haben unser Geschäftsmodell stärker für institutionelle Anleger geöffnet, denn in der Vergangenheit wurden wir weitgehend als Fondsmanager für Privatanleger wahrgenommen. Wir haben ein Programm aufgelegt, um das zu ändern und die Mitarbeitenden darauf einzustellen. Institutionelle Anleger haben andere Ansprüche als zum Beispiel ein einzelner Rentner, der nicht ohne Weiteres die Gelegenheit hat, nachzufragen oder Berichte anzufordern. Ein institutioneller Anleger erwartet hingegen ein bestimmtes Feedback, wenn er uns sein Geld anvertraut. Wir haben uns bereits darauf eingestellt, können aber noch besser werden.“


Von Isobel Lee


Titelbild: Patrick Ohligschläger

Mehr zu diesen Themen: