Stadt in der Stadt

Transformation durch Nutzungsvielfalt: Die Entwicklung Wandsbek Markt erlöst das Quartier von städtebaulichen Sünden der 1960er-Jahre. Der Hamburger Stadtteil wird künftig sein Potenzial besser heben können. Text von Christine Mattauch, Fotos von Benne Ochs

Von den goldenen Zeiten kündet noch die kunstvolle Sandsteinfassade. 100 Jahre lang war das Karstadt-Haus, heute Galeria, Anker für den lokalen Einzelhandel in Wandsbek. Spätestens im April 2024 jedoch, so ist es vorgesehen, wird dieses Kaufhaus schließen. Was in anderen Citylagen Katastro­phenstimmung auslösen würde, wird in dem Hamburger Stadtteil als große Chance gesehen: Lebendige Vielfalt soll die bisherige Monostruktur ersetzen. 


Das geplante Quartier Wandsbek Markt, bei dem Union Investment als Entwicklerin und Investorin auftritt, verspricht einen Neuanfang. Projektleiter Ronald Behrendt nennt es ein Dekadenprojekt: „Die großartigen Möglichkeiten dieses Standorts bestehen in der städtebaulichen Verdichtung und in der Transformation durch Nutzungsvielfalt.“ In das denkmalgeschützte Kaufhaus, Baujahr 1922, sollen Büros und kleinteiliger Einzelhandel sowie eine private Hochschule einziehen. Neuer Publikumsmagnet wird eine Markthalle mit Foodcourt und Eventflächen. Dort, wo heute ein Parkhaus steht, wird generationenübergreifendes Wohnen ermöglicht. Insgesamt sollen auf dem Areal rund 120 bis 150 neue Wohnungen gebaut werden. 


Das auf Nachhaltigkeit, CO2-Reduktion und Nutzungsmix ausgerichtete Konzept passt hervorragend in die Portfoliostruktur des UniImmo: Deutschland.
Thomas Röhrs Leiter Fondsmanagement des UniImmo: Deutschland bei Union Investment

In die Umgestaltung investiert der UniImmo: Deutschland – mit einem Volumen von aktuell 16,3 Milliarden Euro der größte Immobilienfonds von Union Investment – einen dreistelligen Millionenbetrag. Das Investment spiegelt die hohen Chancen wider, die Fondsmanager Thomas Röhrs in dem Projekt sieht: Das Konzept hat das Potenzial, langfristig die Qualität des ganzen Quartiers zu heben. 


Mit rund 445.000 Einwohnern ist Wandsbek der größte Bezirk Hamburgs, Tendenz steigend. Auch beim Einkommen zeigt die Kurve nach oben. Die neuen Nutzungen werden so ausbalanciert, dass sie sich gegenseitig positiv beeinflussen – Bausteine einer nachhaltigen Stadtbelebung. Mehr Wohnungen beleben das Quartier und bringen den Läden zusätzliche Kundschaft, ein gutes Angebot an Gastronomie und Kultur steigert wiederum die Nachfrage nach Büroraum. 


Fraktionen stehen geschlossen hinter dem Projekt

In der Bezirksvertretung stehen die Fraktionen geschlossen hinter dem Projekt. Denn obwohl das Areal verkehrlich sehr gut angebunden ist, blieb es im Zeitalter des Onlineshoppings bisher unter seinen Möglichkeiten – es gibt auffällig viele Billigläden. Für Christian Hühn, Geschäftsführer des mit der Konzeption beauftragten Architekturbüros ppp, liegen die Probleme nicht zuletzt in der Struktur der vorhandenen Bebauung: „Hier gibt es echte Rückseiten“ – Flächen ohne Aufenthaltsqualität, etwa rund ums Parkhaus oder am Karstadt-Personaleingang. Aufgaben, die nun anstehen: das Quartier nach außen öffnen, durch vielfältige Nutzungen beleben und vitalisieren. Und genau das soll künftig geschehen. Neubauten werden die Bestandsbauten aus den 1960er-Jahren ersetzen, die unansehnlich sind und unter heutigen Gesichtspunkten auch dysfunktional. „Statik und Konstruktion lassen eine Verdichtung nicht zu“, sagt Hühn. „Das Parkhaus ist überdies zu klein für eine gute Umnutzung.“ Eine wie eine Barriere wirkende Gebäudebrücke wird entfernt, die Verkehrsströme werden neu geordnet, inklusive Tiefgarage. „Städtebaulich ist es eine Reparatur“, sagt Hühn.


Geplante Maßnahmen kommen gut an, erste Mietinteressenten gibt es bereits

Highlight des Projekts und künftiges Alleinstellungsmerkmal ist eine rund 1.600 Quadratmeter große Markthalle, die mit gastronomischen und kulturellen Angeboten eine Lücke am Standort schließen und den wenige Meter entfernten Wochenmarkt ergänzen soll. Oberhalb der Markthalle sieht das Konzept neben Mietwohnungen auch Flächen für Büros und Dienstleistungen vor. 


Interessenten gebe es bereits, berichtet Asset Managerin Kerstin Behm von Union Investment. So überlegt die Northern Business School, eine private Hochschule, ihre drei Hamburger Standorte in Wandsbek zu bündeln. Für Retailflächen wird gezielt nach Händlern gesucht, die bestehende Sortimente der Umgebung ergänzen, etwa Sport- und Spielwaren. Behm: „Die Mischung muss für den Standort insgesamt Sinn ergeben.“ Auf die Wohnungen dürfte es einen wahren Ansturm geben, zumal, wie in Hamburg üblich, 35 Prozent gefördert sind. 


Das Engagement ist ein absoluter Glücksfall. Man merkt sehr deutlich, dass Union Investment im Quartier verankert ist.
Arne Klein Baudezernent des Bezirks Wandsbek in Hamburg

„Es ist eine Entwicklung, die Wertschöpfung verspricht“, sagt Bent Mühlena, Leiter der Abteilung Immobilienprojektmanagement bei Union Investment. Bereits 2014, bei Übernahme der Karstadt-Liegenschaften, sei Thema gewesen, wie es weitergehen könnte, sollte der Hauptmieter einmal ausziehen. Zumal Union Investment auch Eigentümerin des in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Quarree Wandsbek ist. Das Einkaufszen­trum wurde zuletzt 2021 aufwendig renoviert. Heute ist es ein wichtiger Baustein im Quartierskonzept. 


Die langfristige Perspektive unterscheidet Union Investment von anderen Investoren. Arne Klein, Baudezernent des Bezirks Wandsbek, empfindet dieses Engagement als „absoluten Glücksfall. Man merkt sehr deutlich, dass Union Investment im Quartier verankert ist.“ Das Ensemble soll auch nach der Neugestaltung im Portfolio des UniImmo: Deutschland bleiben. Es ist eine klassische Win-win-Situation: Stadtteil und Bewohner profitieren von der Aufwertung, die langfristig ihrerseits die Bewertung der Immobilien verbessert.


Hohe Anforderungen an die quartiersübergreifende Nachhaltigkeit

Derzeit wird der Bebauungsplan aufgestellt. Auch ein ganzheitliches und quartiersübergreifendes Nachhaltigkeitskonzept ist in Arbeit, mit dem Ziel, langfristig die Anforderungen der EU-Taxonomie und des Carbon Risk Real Estate Monitors zu erfüllen. „Das auf Nachhaltigkeit, CO2-Reduktion und Nutzungsmix ausgerichtete Konzept passt hervorragend in die Portfoliostruktur des UniImmo: Deutschland“, sagt Röhrs. Mit der geplanten Fertigstellung des Quartiers Ende 2027 ist der Zeitplan ambitioniert, aber nicht unrealistisch. „Hier gibt es den klar erkennbaren Willen, gemeinsam etwas Vernünftiges zu schaffen“, sagt Baudezernent Klein. 


Dabei hilft, dass Union Investment vor Ort als verlässlicher Partner bekannt ist, der sich auch sozial engagiert, etwa durch Ausrichtung eines Architekturwettbewerbs am lokalen Matthias-Claudius-Gymnasium, durch das Sponsoring einer Stadtteilkarte oder eines lokalen Fotowettbewerbs sowie die enge Zusammenarbeit mit der Initiative Leseleo.


Bürgerbeteiligung werde auch bei der Quartiersentwicklung großgeschrieben, verspricht Projektmanager Bent Mühlena. So gibt es im Quarree Wandsbek ein Projektbüro als Anlaufstelle. „Wir wollen zuhören und erfahren, was sich die Bevölkerung wünscht.“ Wenn Angebote der Nachfrage entsprechen, nutzt das schließlich auch denen, die neue Angebote am Standort schaffen.   


Text von Christine Mattauch, Fotos von Benne Ochs


Titelbild: Union Investment

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