Europas Wohnadressen im Visier

Vor drei Jahren hat Union Investment damit begonnen, ihre Publikumsfonds mit Wohninvestments zu bestücken, die mittlerweile einen bedeutenden Anteil ausmachen. Ein spezialisiertes Residential-Team, bestehend aus fünf Investmentmanagern, wurde formiert, um die Bearbeitung der europäischen Wohnungsmärkte zu intensivieren. Text von Elke Hildebrandt, Fotos von Patrick Ohligschläger

Die Dynamik ist unverkennbar: Wohnimmobilien sind nachgefragt und entwickeln sich perspektivisch zu einer dominanten Assetklasse auf dem europäischen Investmentmarkt. Für institutionelle Immobilieninvestoren wie ­Union Investment bedienen Wohngebäude nicht nur ein gesellschaftliches Grundbedürfnis, sie ergänzen Gewerbeimmobilien geradezu perfekt. Die Strategie dahinter: Verstärkte Wohninvestments sollen zur weiteren Diversifizierung der Portfolios und zur Stabilisierung der Fondsperformance beitragen. Bereits 2019 erweiterte Union Investment ihre bisherige, gewerblich dominierte Anlagestrategie um das europäische Wohnen. 


„Die Institutionalisierung der europäischen Wohnimmobilienmärkte war vor einigen Jahren längst noch nicht so weit fortgeschritten wie heute“, sagt Friedrich Georg Warmbold, Head of Investment Management Residential, „wir haben zunächst unsere Kontakte zu Projektentwicklern intensiviert, die sowohl im Büro- als auch im Wohnungssektor aktiv sind. 2019 gelang mit dem Projekt Yvie der Einstieg im Amsterdamer Wohnimmobilienmarkt.“ Seither haben die Ankaufsaktivitäten von Union Investment deutlich an Fahrt aufgenommen. „Wir haben für unsere Fonds attraktive und nachhaltige Neubauvorhaben in Amsterdam, Helsinki und Dublin gesichert und Kapitalzusagen in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro gemacht.“, erläutert Warmbold. Die Ankaufsbilanz seit 2019 beläuft sich damit bereits auf zehn Neubauten mit Einzelinvestments von rund 70 bis mehr als 220 Millionen Euro.


Im gemischt genutzten Quartier The Pulse in Amsterdam errichtet Union Investment bis 2024 in zwei Hochhäusern 36.000 Quadratmeter Nutzfläche. Im kleineren, 22-geschossigen Gebäude werden 200 Wohnungen entstehen. Friedrich Georg Warmbold (links) und Kai-Leopold Blumberger besuchten im Januar die Baustelle ihres Residential-Projekts.
Union Investment

Neubauprojekte bieten nachhaltiges Mietpreiswachstum

Die insgesamt rund 2.400 neuen Wohnungen, die mit Baufertigstellung der teilweise gemischt genutzten Projekte in die Vermietung gehen, versprechen gerade in Zeiten erhöhter wirtschaftlicher Unsicherheit eine hohe Ertragskraft und Stabilität. „In der Corona-Pandemie zeigte sich, dass der Gewerbeimmobilienmarkt und der Wohnimmobilienmarkt relativ gering miteinander korrelieren“, so Warmbold. „Die Zinswende beschleunigt den europaweiten Trend zur Mietwohnung. Gleichzeitig verstärken erhöhte Baukosten, wirtschaftliche Unsicherheiten und damit eine abnehmende Bautätigkeit den ohnehin schon hohen Nachfrageüberhang. Unter dem Strich spiegelt sich diese Entwicklung insbesondere im Anstieg der Mietpreise und in den geringen Leerstandsraten in nachgefragten Metropolregionen wider.“ Bis zu 10 Prozent des Immobilienvermögens wollen die Fondsmanager der Publikumsfonds von Union Investment im europäischen Wohnsegment außerhalb der DACH-Region allokieren. „Mittelfristig sollen weitere 2 Milliarden Euro investiert werden“, sagt Warmbold. 


Der Leiter des neu geschaffenen Invest­mentbereichs Residential begann seine Karriere bei Union Investment vor mehr als acht Jahren, zunächst im Büroimmobiliensegment. Im September 2021 übernahm Warmbold die Gruppenleitung Residential und formierte ein junges Team aus fünf hervorragend ausgebildeten Investmentmanagern. Patrick Weil bereichert seit rund zwei Jahren das Team. Mit erfolgreichen Akquisitionen in Dublin hat er bereits tiefe Marktkenntnisse im irischen Wohnungsmarkt erworben und gehört von Anfang an zum Residential-Team. Zudem verstärken seit 2022 die drei Investmentmanager Maik Schott für die Nordics-Märkte, Kai-Leopold Blumberger für die Beneluxländer und Anita Pudane für Südeuropa das Residential-Team. Das Durchschnittsalter des Teams liegt bei 33 Jahren – ein Hinweis darauf, dass Union Investment ihre Personalpolitik zur Förderung der Next Generation konsequent umsetzt. „Verantwortung übertragen und gleichzeitig Unterstützung geben, das geht bei uns Hand in Hand und bietet viele persönliche Chancen“, sagt Warmbold aus eigener Erfahrung. 


Nachhaltige Wohngebäude in demografisch attraktiven Städten

Das Investmentteam konzentriert sich auf prosperierende Metropolregionen mit dynamischer demografischer Entwicklung in ausgewählten Ländermärkten. Im Mittelpunkt stehen die bereits erfolgreich erschlossenen Wohnungsmärkte in Dublin, Helsinki und Amsterdam sowie weiteren Großstädten in der Randstad, im Westen der Niederlande. Auf dem Ankaufsradar befinden sich zudem Dänemark, Schweden, Spanien, Italien, Frankreich und Großbritannien. In Paris und London profitiert das Residential-Team von der Vor-Ort-Unterstützung der Niederlassungen von Union Investment 


Ausgerichtet sind die Wohngebäude in den Union Investment-Portfolios auf eine Mieterschaft aus den mittleren und höheren Einkommensschichten. In diesem Segment sind eine hohe Gebäude- und Lagequalität erfolgskritisch. Der Investmentblick richtet sich entsprechend auf nachhaltige Wohngebäude mit guter infrastruktureller Anbindung. Damit liegt der Fokus konsequent auf Neubauten beziehungsweise Projektentwicklungen. Dies erfordert ein starkes internationales Netzwerk aus Projektentwicklern, Maklern und Bestandshaltern im jeweiligen Ländermarkt. Die Auswahl erfahrener und bonitätsstarker Partner für Forward Purchase und Forward Funding Deals ist für die Investmentmanager von großer Bedeutung.


Regionale Unterschiede erfordern tiefe Detailkenntnisse

„Allerdings“, gibt Warmbold zu bedenken, „sind die europäischen Wohnungsmärkte alles andere als homogen.“ Als Markteintrittsbarrieren gelten beispielsweise Hedging-Kosten bei Fremdwährungsinvestitionen, teils unklare rechtliche Rahmenbedingungen und eine zunehmende Regulierung der Märkte sowie ein von privaten oder lokalen Akteuren dominiertes Transaktionsgeschehen. Limitierend wirken auch kleinere und veraltete Wohnungsbestände, die nicht den Ankaufskriterien der Fonds entsprechen. Manchmal fehlen Daten und Erfahrungswerte aus der Bewirtschaftung. „Das kann Investitionen erschweren, wie beispielsweise in Spanien und Italien“, sagt Anita Pudane. Es ist von Vorteil, wenn hohe Nachhaltigkeitsstandards bereits gesetzlich gefordert sind, wie etwa in den Niederlanden. „Die hohen Anforderungen erleichtern uns eine Umsetzung der Taxonomie-Richtlinien für unsere Fonds“, erklärt Kai-Leopold Blumberger.


Auch die unterschiedlichen Vorlieben der Nutzer müssen die Investoren im Blick haben. Während finnische Wohnungsmieter standardmäßig eine Sauna im Objekt erwarten, wird in Spanien großer Wert auf eine üppig bemessene Terrasse gelegt, wie Maik Schott und Anita Pudane berichten. „In London und Dublin sind Wohnungen dagegen besser vermietbar, wenn sie vollständig und zeitgemäß möbliert sind“, sagt Patrick Weil. In den Niederlanden gehören Fußbodenbeläge oftmals nicht zur Grundausstattung, jedoch sollen die niederländischen Projekte von Union Investment diesbezüglich neue Standards setzen.


Preisfindung auf den europäischen Wohninvestmentmärkten

Die Ankaufsmöglichkeiten auf den europäischen Wohnungsmärkten sind angesichts der derzeitigen Preisfindungsphase vorübergehend noch eingeschränkt. Warmbold beobachtet ein Repricing: „Je nach Ländermarkt sehen wir bereits Renditeanpassungen von bis zu 100 Basispunkten, aber das Ende ist voraussichtlich noch nicht erreicht. Als eigenkapitalstarker Investor erwarten wir für 2023 einige gute Kaufgelegenheiten, auch in neuen Ländermärkten.“


Text von Elke Hildebrandt, Fotos von Patrick Ohligschläger


Titelbild: Union Investment

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