
Die Assetklassen Hotel, Handel und Büro haben an allen Ecken und Enden mit gewachsenen Kosten zu kämpfen. Mit unterschiedlichen Strategien stemmen sie sich in Zeiten von Konsumtief und Inflation findig gegen gestiegene Energie-, Personal-, Material- und Mietkosten. Von Kathinka Burkhardt
Bald wird Steffen Fox wissen, wie viel die Anstrengungen der vergangenen Monate gebracht haben. „Wir haben direkt nach dem Sommer Action-Pläne für unsere Hotels aufgestellt, inwiefern wir Energie sparen können“, erzählt der CEO der 25hours-Hotels. Restaurants weniger beheizen, Zimmertemperaturen senken, Saunanutzung nur mit rechtzeitiger Voranmeldung. Es ist ein schmaler Grat, der zwischen Energiesparen und der Zufriedenheit der Gäste verläuft. „Da wir feste Stromkontrakte bis teilweise 2024 für unsere Hotels haben und Rückstellungen bilden konnten, sind wir zuversichtlich“, sagt Fox. „Aber nach der Nebenkostenabrechnung Mitte des Jahres wissen wir genau, wo wir stehen.“
Wenn das Meetings- und Konferenzgeschäft und der asiatische Reiseverkehr wieder komplett etabliert sind, wird sich der Hotelmarkt in der jetzigen wirtschaftlichen Situation sehr robust zeigen:
So geht es vielen Unternehmen der Assetklassen Hotel, Handel und Büro. Nach der Corona-Pandemie hat der Krieg in der Ukraine das Konsumklima verschlechtert, die Inflation steigt und wachsende Zinsen erschweren Investitionen und neue Projekte. Gleichzeitig haben sich Löhne, Energie, Material und Miete verteuert, sodass Unternehmen versuchen, überall Geld zu sparen. Dabei trifft die Kostenkrise die drei Branchen in unterschiedlichen Ausgangssituationen und erfordert kluge Strategien.
Nach dem kompletten Einbruch des globalen Reiseverkehrs 2019 befindet sich die Hotellerie derzeit im Aufwind. „Auf der Umsatzseite sieht es seit dem letzten Quartal 2022 gut aus, die Auslastung hängt noch ein wenig hinterher“, sagt Andreas Ewald, Geschäftsführer von Engel & Völkers Hotel Consulting. 450,8 Millionen Übernachtungen in Deutschland zählt das Statistische Bundesamt für 2022, ein Minus von 9,1 Prozent gegenüber 2019. „Wenn das Meetings- und Konferenzgeschäft und der asiatische Reiseverkehr wieder komplett etabliert sind, wird sich der Hotelmarkt in der jetzigen wirtschaftlichen Situation sehr robust zeigen“, sagt Ewald.
Der Grund: Die Lust aufs Reisen ist so groß, dass die Gäste gestiegene Roomrates akzeptiert haben. Lag der durchschnittliche Hotelpreis pro Zimmer laut Buchungsplattform Idealo im Dezember 2019 bei 99,20 Euro, sind es im Vergleichsmonat 2022 137,90 Euro gewesen. Aber: „Die Margen sind trotz gestiegener Topline je nach Segment um 3 bis 5 Punkte GOP gesunken, das ist natürlich viel Geld“, sagt Ascan Kókai, Head of Hotels bei ECE Real Estate Partners.
Betrugen Energiekosten früher 3 bis 5 Prozent vom Umsatz, machen sie heute teilweise doppelt so viel aus; seit vergangenem Oktober ist zudem der Mindestlohn um 1,55 Euro pro Stunde auf 12 Euro gestiegen. Beim Personal ist Sparen in der Hotellerie schwierig. „Viele Betriebe sind damit beschäftigt, in der Pandemie abgewanderte Mitarbeiter zurückzugewinnen und die vorhandene Crew mit Incentives zu binden“, sagt Kókai. Das kostet – ebenso wie teilweise gezogene Indexklauseln in Mietenverträgen. „Wir beobachten, dass Mieter und Vermieter die gute Kommunikation aus der Pandemie in die jetzige Phase übernommen haben und nach Lösungen suchen“, sagt Kókai.

Während die tägliche Flexibilität bei den Zimmerpreisen der Hotelbranche stets einen gewissen Inflationsschutz erlaubt, trifft das geschwächte Konsumklima den Einzelhandel in einer schwierigeren Phase. Neben der Digitalisierung des stationären Handels sieht sich die Branche nach der Corona-Pandemie mit einem veränderten Einkaufsverhalten konfrontiert. „Die Kunden kommen in den stationären Handel zurück, aber nicht allerorts ist die Frequenz wie vor der Corona-Pandemie“, sagt Ulrich Schmitz, Director Center Management bei ECE Marketplaces. Ein Grund liegt in der veränderten Arbeitswelt: Wer im Homeoffice arbeitet statt in der Stadt im Büro, nutzt Ladenstraßen und Shoppingcenter seltener als zuvor. Aber: „Diejenigen, die kommen, geben auch Geld aus, die Umsätze haben sich besser entwickelt als die Frequenzen.“ Auch Union Investment berichtet von einer Umsatzentwicklung in ihren Centern im vierten Quartal, die an die Zeit vor der Pandemie anknüpft.
Die Umsätze klettern also wieder Richtung 2019er-Niveau, die Kosten drücken aber auf die Gewinne. Ob in 1-a-Lagen, Shoppingcentern oder abseits der Zentren, beim Sparen gibt es kaum Tabus. „Wir haben in Rücksprache mit unseren Mietern Beleuchtungen heruntergefahren, Brunnen außer Betrieb genommen, die Belüftung und die Anzahl der geöffneten Parkebenen auf die Kundenfrequenz abgestimmt“, sagt Schmitz. Auch kürzere Öffnungszeiten stehen zur Debatte. „Dies sind Entscheidungen, die ganz individuell und standortabhängig getroffen werden müssen“, sagt Schmitz. „Dort, wo es sinnvoll ist, sparen Mieter natürlich nicht nur eine Stunde Betriebskosten, sondern auch Personalkosten.“
„Jetzt zahlen sich Maßnahmen aus, die weit vor der Energiekrise initiiert wurden“, ergänzt Ralf Schaffuss, Leiter Asset Management Retail bei Union Investment. Als Beispiel nennt er das Wandsbek Quarree, dessen jährlicher Energieverbrauch im Verlauf der vergangenen zehn Jahre halbiert werden konnte. „Nebenkosteneinsprüche sind am Standort kein Thema.“
Zudem versucht die Branche über die Digitalisierung in den Läden Energie zu sparen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. „Automatisierte Lager- und Verräumungstechniken, Selbst-Check-outs für Kunden oder teilweise auch schon Roboter können Lücken schließen, die Arbeit für das vorhandene Personal erleichtern und attraktiver machen“, sagt Josefine Ulrich, Director Retail Tenant Representation bei JLL.
Der im Einzelhandel entstandene Leerstand der letzten Jahre eröffnet Mietern größere Wechselmöglichkeit, der Druck auf die Vermieterseite ist gestiegen. „Die hohen Mietabschlüsse wie vor der Corona-Pandemie werden wir in der nächsten Zeit an vielen Standorten kaum sehen“, sagt Michael Reink, Bereichsleiter Standort- und Verkehrspolitik beim Handelsverband Deutschland (HDE). Neuanmietungen bedeuten Kosten, weshalb viele Mieter und Vermieter nach Kompromissen suchen und sich bei Indexanpassungen annähern. Die veränderte Lage im Handel wirkt sich derzeit auf die Ausgestaltung bei Neuvermietungen aus. „Viele Einzelhändler möchten künftig nur noch umsatzbezogene Mietverträge abschließen“, sagt Reink:
Jetzt zahlen sich Maßnahmen aus, die weit vor der Energiekrise initiiert wurden.
Wenige Händler versuchen Teilflächen innerhalb des Geschäfts zur Weitervermietung an den Investor zurückzugeben. Der Kostendruck sorgt teilweise bei Ladenketten für eine Reduzierung der Ladenstandorte. „Der Handel konzentriert sich wieder viel stärker auf die 1-a-Lagen, anstatt in weniger frequentierte Straßen zu expandieren“, sagt Josefine Ulrich von JLL. Zugleich versuchen die großen Filialisten wie H&M, Zara, Bershka oder New Yorker die Gunst der Stunde zu nutzen, ihre Expansionsziele in den nachgefragten Lagen umzusetzen.
Große Dynamik erlebt auch die Assetklasse Office. Obwohl die Umsätze von Bürobetreibern ebenfalls durch Energie- und Materialkosten belastet wurden, beschäftigen die Branche vor allem die langfristige Krise im Fachkräftebereich und die damit verbundenen Personalkosten. „Im Officebereich geht es darum, qualifizierte Angestellte zu haben, die ihre hohen Kosten erwirtschaften“, sagt Stephan Leimbach, Head of Office Leasing bei JLL. „Aber um hoch qualifizierte und effiziente Mitarbeiter zu binden und zurück aus dem Homeoffice zu locken, benötigen Unternehmen Büros von hoher Qualität in bester Lage“, sagt Leimbach.
Der Handel konzentriert sich wieder viel stärker auf die 1-a-Lagen, anstatt in weniger frequentierte Straßen zu expandieren.
Anders als früher werden öfter günstige, abgelegene Dependancen abgestoßen, um hochwertige, aber kleinere Büroflächen in zentralen A-Lagen anzumieten. „Im Notfall mieten die Unternehmen zusätzliche Plätze bei Coworking-Anbietern an“, so Leimbach. Wie im Handel versucht die Assetklasse Büro bei Neuanmietungen Indexanpassungen zu vermeiden und weicht auf Staffelmieten aus, die auch für Immobilienbesitzer ihren Reiz haben. „Investoren können mit Mietsteigerungen rechnen, was den Verkaufspreis eines Gebäudes steigern kann.“
„Derartige Erfahrungen haben wir 2022 vielerorts in unserem deutschen Immobilienportfolio machen können. Objekte in den attraktiven Lagen haben stabile bis höhere Vermietungsquoten inklusive Mietpreiswachstum durch die Mietvertragsabschlüsse bei Neu- und Bestandvermietungen erfahren“, sagt Sven Lintl, Abteilungsleiter Asset Management Deutschland bei Union Investment,. „Es ging vielen Mietern darum, sich gegenüber den Mitarbeitenden zu ‚positionieren‘ und die adäquate Alternative im hybriden Arbeitsmodell zu bieten.“
Von Kathinka Burkhardt