
Cathrin Schwartz ist bei Union Investment verantwortlich für die Immobilienbestände im europäischen Ausland. In der Covid-19-Krise setzt sie beim Mieter- und Objektmanagement auf pragmatische Lösungen und klare Entscheidungen. Von Elke Hildebrandt (Text) und Sebastian Vollmert (Fotos)
Für Cathrin Schwartz und ihr Asset Management Team ist es in Zeiten von Lockdown und Homeoffice eine anspruchsvolle Aufgabe, mit den vielen ausländischen Mietpartnern im persönlichen Austausch zu bleiben. „Egal in welchem Land unsere Objekte liegen, wir wünschen uns immer den direkten Kontakt“, sagt die Abteilungsleiterin Asset Management Europa. „Für mich ist das auch ein Ausdruck der Höflichkeit und Wertschätzung. Aber in der Corona-Krise können wir natürlich nicht wie gewohnt reisen.“
Seit März 2020 wird daher vor allem das Mietermanagement über Telefonate und Videokonferenzen organisiert. Denn die Kontakte zu halten sei gerade in dieser Phase das oberste Gebot im Asset Management. Ohne die gewohnte persönliche Begegnung sind bei den zahlreichen Konferenzschaltungen jedoch mehr Vorbereitung, mehr Aufmerksamkeit und noch mehr Fingerspitzengefühl erforderlich, vor allem bei komplexen Themen und schwierigen Verhandlungen, weiß Cathrin Schwartz aus Erfahrung. „Wir haben viel gelernt und uns mittlerweile gut eingefunden in die neue Situation.“
Immobilienwerte erhalten und erhöhen ist das Ziel im Asset Management
Die Assetmanagerin kümmert sich mit ihrem Fachbereich um Werterhalt und Wertsteigerung der europaweiten Immobilienbestände von Union Investment. „Abgesehen von Kauf und Verkauf sind meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während der gesamten Haltedauer die Schnittstelle zum Objekt. Wir stellen den zentralen Kontakt dar, alle Informationen laufen über uns, werden von uns bewertet, modifiziert und kanalisiert“, erläutert die Abteilungsleiterin. Für jedes Objekt wird eine Strategie zur Bewirtschaftung, Vermietung und Instandhaltung erarbeitet. Diese muss zur Unternehmensstrategie und zur jeweiligen Fondsstrategie passen. Auch die Steuerung der externen Property Manager obliegt dem Asset Management. „Als Objektexperten liefern wir die Chancen- und Risikoeinschätzung und achten auf standardisierte Prozesse und Abläufe. Das Fondsmanagement erhält von uns die benötigten Entscheidungsvorlagen“, sagt Cathrin Schwartz.
Bei Union Investment
ist das Asset Management Europa verantwortlich für Erträge und Wertentwicklung von rund 10 Milliarden Euro Assets under Management.
Karriere
Die Hamburgerin Cathrin Schwartz (geb. 1965) ist Fachwirtin der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft mit internationaler Karriere in der Immobilienwirtschaft. 2008 kam sie ein zweites Mal zu Union Investment nach Hamburg und übernahm 2013 die Abteilungsleitung Asset Management Europa.
Das Krisenmanagement macht neue Weichenstellungen erforderlich
Seit Beginn der Covid-19-Pandemie stehen sämtliche Planungen und Budgetierungen auf dem Prüfstand. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Immobilienbestände werden immer wieder neu ausgelotet und die Planungen laufend aktualisiert. Das Asset Management liefert dabei die Informationen, die im Fondsmanagement benötigt werden, um die möglichen Einflüsse auf ein Portfolio bewerten und steuern zu können.
Rund 30 Expertinnen und Experten, eingeteilt in drei Fachgruppen, zählen zum Team von Cathrin Schwartz, das an vier Standorten in Hamburg, Paris, Brüssel und Wien tätig ist. Derzeit werden ein Dutzend europäische Ländermärkte mit mehr als 1.400 Mietverträgen betreut. Die von ihrem Team verantworteten Assets under Management beziffert Schwartz auf rund 10 Milliarden Euro und knapp 100 Fondsobjekte, darunter vor allem Büroimmobilien.
„Angesicht der enormen Größenordnung im europäischen Segment ist vor allem Pragmatismus gefragt“, sagt Cathrin Schwartz. Bei zwölf Ländermärkten seien immerhin zwölf unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen des Infektionsgeschehens zu bewerten. „Und die Flut der verschiedenen Corona-Regeln beeinflusst die Ertragssituation der Mieter recht unterschiedlich.“ Welche Auswirkungen die Covid-Maßnahmen auf eine Branche haben, das ist für Schwartz die entscheidende Frage. „Deshalb ist das enge Monitoring mit der Rechtsabteilung unverzichtbar“, sagt sie.
Die Assetmanagerin agiert in der Corona-Krise mit klaren Konzepten und fester Überzeugung. „Quasi rund um die Uhr tragen wir Informationen zusammen, die unsere Entscheidungen als Bestandshalter beeinflussen. Alle Angaben werden von uns bewertet. Einerseits, um die Auswirkungen auf unsere Sondervermögen so gering wie möglich zu halten, und andererseits, um individuelle Lösungen mit unseren Mietpartnern zu entwickeln, die für alle Seiten wirtschaftlich tragfähig sind. Dabei achten wir auf eine nachhaltige Geschäftsbeziehung mit den Mietern“, sagt Cathrin Schwartz.
Etwa 30
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen zwölf europäische Ländermärkte, mit rund 100 Fondsobjekten und mehr als 1.400 Mietverträgen.
Maßgeschneidertes Corona-Reporting entwickelt und eingeführt
Um die Auswirkungen der Krise für die einzelnen Immobilien gut darstellen zu können, fehlte dem Asset Management zu Beginn das notwendige Werkzeug. „Wir haben sehr zügig ein neues Reporting aufgesetzt, in enger Zusammenarbeit mit den Kollegen der Reporting-Factory“, berichtet Schwartz.
Ohne passgenaues Feedback sei es kaum leistbar, aus der Menge der Einzelfallentscheidungen ein Gesamtbild abzuleiten. Auf dem neuen Corona-Reporting, das von allen Asset-Management-Einheiten (Europa, Deutschland, Overseas, Retail und Hospitality) angewandt wird, fußen wichtige Weichenstellungen.
Die Anliegen der Mieter beurteilt die Assetmanagerin sachlich und differenziert. Mietpartner in echter finanzieller Notlage hätten sich gemeldet, aber auch einige große Kunden, die bei ihrem Vermieter ausloten wollten, ob Bereitschaft für Mietminderungen, Mietstundungen oder ein sonstiges Entgegenkommen vorhanden sei. „Die Diskussionen muss man sachlich führen, mit dem entsprechenden Hintergrundwissen aus den unterschiedlichen Ländern. Für uns ist aber klar, wir machen keine Geschenke in der Corona-Krise. Das verbietet schon allein unser treuhänderischer Auftrag“, erklärt Cathrin Schwartz.
Im Bürosektor seien vor allem Fluggesellschaften, Reiseveranstalter und Reisebüros betroffen. Auch Coworking-Anbieter hätten hohe Einbußen. „Werden wir vom Mieter um Hilfe gebeten, loten wir im Einzelfall aus, was im gemeinsamen Interesse vertretbar ist“, sagt Schwartz.
Grundsätzlich sind Mietverzichte das letzte Mittel. Sie werden nach Möglichkeit nur im Gegenzug mit anderen Vertragsanpassungen verhandelt, wie beispielsweise einer Vertragsverlängerung. „Vielfach helfen Mietstundungen über Engpässe hinweg“, so Schwartz. „Mir ist es wichtig, dass wir alle Perspektiven im Blick behalten, denn Leerstand ist langfristig keine Alternative.“
Positiv bewertet Schwartz vor allem die aktuellen Neuvermietungen: „Wir haben es geschafft, die Vermietungsquote in der Krise bei über 96 Prozent zu halten. In 2020 konnten wir außerdem über 100.000 Quadratmeter neu oder nachvermieten.“
„Ich finde es wichtig, Verantwortung für andere zu übernehmen“
Die erfahrene Abteilungsleiterin trägt auch privat viel Verantwortung. Für ihre Familie hat Cathrin Schwartz die Betreuung eines behinderten Cousins übernommen und ist darüber hinaus ehrenamtlich tätig als Mentorin bei den Hamburger Joblingen, einer Stiftung gegen Jugendarbeitslosigkeit und zur Integration jugendlicher Geflüchteter. „Ich finde es wichtig, Verantwortung für andere zu übernehmen“, erklärt sie. „Nicht nur in dieser außergewöhnlichen Phase ist gesellschaftliches Engagement mein Weg, etwas zurückzugeben.“ Über sich selbst sagt die Hobbyseglerin: „Ich treffe gern Entscheidungen und kämpfe für meine Überzeugungen.“ Ihre internationale Karriere empfindet Schwartz „als großes Glück“: „Ich durfte von Anfang an selbstständig arbeiten und konnte viele Chancen ergreifen. Mein Lebensmotto hat mich dabei stets begleitet“, sagt die Hamburgerin und verrät, dass sie es vom Polarforscher Amundsen übernommen hat: „Wenn man nur warme Füße hat, kann man alles schaffen.“
Von Elke Hildebrandt (Text) und Sebastian Vollmert (Fotos)