Einchecken oder auschecken?

Viele Investoren meiden zurzeit die Hotelbranche, die in hohem Maße von der Pandemie betroffen ist. Andere Marktteilnehmer betrachten die Krise jedoch als Chance für den antizyklischen Einstieg. Von Isobel Lee

Das europäische Hotel- und Gastgewerbe hat schwierige zwölf Monate hinter sich. Auf Gesamtjahresbasis brachen die Belegungsquoten im zweistelligen Prozentbereich ein. Nach einer kurzen Erholungsphase im Sommer wurde in den letzten Monaten des Jahres die Branche erneut lahmgelegt. So ging im Vorjahresvergleich die Belegung nach Daten des Branchenanalysten STR durchweg um 50 bis 80 Prozent zurück. Hoteltransaktionen haben entsprechend gelitten. Daten des Immobilienmaklers Cushman & Wakefield zufolge lag das Volumen europäischer Hotelinvestitionen im ersten Halbjahr 2020 um 55 Prozent unter dem Vorjahreswert. Dabei wurden etwa 79 Prozent des Dealflows bereits vor Corona vereinbart.


Gleichwohl sind auch während der Pandemie beachtliche Transaktionen getätigt worden, das heißt, es gibt Anleger, die die langfristigen Aussichten für die Hotelbranche positiv bewerten. Der Verkauf des Londoner Ritz für rund 800 Millionen Pfund an einen Investor aus Katar, zwei große Transaktionen mit Ferienhotels in Griechenland sowie umfangreiche Deals in Deutschland und Spanien hielten den Markt am Laufen – vor allem dank der Liquidität institutioneller Anleger, auf die im ersten Halbjahr 48 Prozent des Transaktionsvolumens entfielen.


„Immer mehr Menschen werden geimpft, Reisen werden wieder möglich. Die Investmentmärkte werden somit im laufenden und kommenden Jahr wieder zu ihrer Dynamik zurückfinden. Immobilienanleger sehen bei Hotels keine strukturellen Schwächen, dafür aber ein langfristiges Potenzial. Das schürt die Nachfrage. Weltweit warten 250 Milliarden Euro, vor allem aus Private-Equity-Fonds und Pensionskassen sowie von institutionellen Anlegern, auf eine Erholung der Hotelbranche. Damit bleibt kaum Spielraum für nennenswerte Abschläge“, resümiert Andreas Löcher, Leiter Investment Management Hospitality bei Union Investment Real Estate. 


Das Tagungsgeschäft leidet erheblich unter den Folgen der Covid-19-Pandemie. Konferenzflächen werden künftig besser als Coworking Spaces oder für lukrativere Zwecke genutzt.
William Duffey Head of EMEA Hotels & Hospitality Capital Markets, JLL

Inzwischen wird deutlich, dass teilweise gezielt antizyklisch investiert wird

ECE Real Estate Partners gehört zu den investitionsbereiten Akteuren. Ascan Kókai wurde im Oktober 2020 zum Principal – Head of Hotels ernannt und soll die neue Fondsstrategie des Unternehmens in der Hotelbranche umsetzen. Henrie W. Kötter, Managing Director Work & Live bei ECE, gibt derweil bekannt, dass sich sein Unternehmen in mehreren Hotelprojekten engagieren wird, die während der Pandemie aufgrund von Finanzierungsproblemen ins Stocken gerieten.


Dabei richtet das Unternehmen den Fokus auf schlanke Strukturen, die „schon bei einer Auslastung von unter 45 Prozent einen kostendeckenden Betrieb zulassen. Wir wollen primär alles weglassen, was der Gast nicht braucht. Businesshotels brauchen keinen drei Meter breiten Kleiderschrank, kein Festnetztelefon und auch kein Bügelbrett im Zimmer“, meint Kötter.


„Das Tagungsgeschäft leidet erheblich unter den Folgen der Covid-19-Pandemie. Konferenzflächen werden künftig besser als Coworking Spaces oder für lukrativere Zwecke genutzt“, sagt William Duffey, Head of EMEA Hotels & Hospitality Capital Markets bei JLL. In Mittel- und Osteuropa ging im ersten Halbjahr 2020 so gut wie nichts mehr. In Polen beispielsweise wurde keine einzige Transaktion verzeichnet. Inzwischen setzt Ott Ventures, die Fondsmanagement-Plattform der Immobiliengesellschaft Ott Properties, die unter anderem Mamaison Hotels & Residences zu ihrem Portfolio zählt, nun mit ihrem ersten Hotelfonds auf die Erholung in dieser Region. Der Fonds hat ein Zielvolumen von 500 Millionen Euro und wird europaweit mit Fokus auf die bedeutendsten CEE-Märkte Polen, Tschechische Republik und Ungarn sowie Deutschland und Österreich investieren.


Fondsmanager Nicolas Horky will den ganzen Erfahrungsschatz des Teams im Bereich Hotelinvestitionen und -management einbringen, um den Betrieb der zu erwerbenden Objekte zu optimieren.


Warten auf die Rückkehr zur Normalität und eine hohe Auslastung

Noch ist unklar, wie sich die Hotelbranche 2021 entwickelt, aber „die meisten Betreiber haben schon in der ersten Pandemiewelle neue Wege für die Vermarktung von Zimmern gefunden“, so Horky. „Die aktuelle Datenlage lässt vermuten, dass mit einer Rückkehr zur Normalität nicht vor 2023 zu rechnen ist. Doch mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Impfstoffen könnte eine Erholung auch schneller eintreten.“ JLL-Experte Duffey stimmt dem zu: „Sobald die Kontaktbeschränkungen wieder gelockert werden, dürfte innerhalb kürzester Zeit ein großer Zimmerbestand zur Verfügung stehen. Realistisch gesehen wird die Auslastung aber frühestens 2023/24 das alte Niveau erreicht haben.“


Von Isobel Lee


Titelbild: Gregor Hofbauer / Ruby Hotels

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