Stabilitätsanker für Anleger

Der Offene Immobilienfonds wird 60 – und ist heute so beliebt wie lange nicht. Das verdankt er seiner Kraft zur Veränderung, aber auch dem Festhalten am Bewährten.

Deutschlands Anleger gehen gern auf Nummer sicher: Von den gut 23 Milliarden Euro Spargeldern, die sie netto zwischen Januar und November 2018 offenen Publikumsfonds anvertrauten, flossen annähernd 6 Milliarden Euro in Offene Immobilien-Publikumsfonds. Aktienfonds – mit einem Anteil von 36 Prozent am 3 Billionen Euro umfassenden Vermögen aller deutschen offenen Publikumsfonds immer noch das beliebteste Anlagevehikel privater Investoren – konnten netto gerade einmal knapp 2 Milliarden Euro für sich verbuchen. Nur Mischfonds, die Kapital auf mehrere Anlage- und Risikoklassen verteilten, wie etwa Aktien, Rentenpapiere, Edelmetalle oder auch Immobilien, schnitten besser ab. Sie waren mit einem Nettomittelaufkommen von 21 Milliarden Euro in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres der absolute Spitzenreiter in der Gunst deutscher Anleger.


Die frühere Buy-and-Hold-Strategie ist inzwischen einem sehr aktiven Management gewichen.
Reinhard Kutscher, Vorsitzender der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH

Die Branche der Immobilienfondsanbieter darf die vorläufige Bilanz des Jahres 2018 als Vertrauensbeweis und als Bestätigung des eingeschlagenen Weges sehen. Denn auch das Fondsvermögen Offener Immobilien-Publikumsfonds insgesamt steigt seit 2014 wieder deutlich und erreicht aktuell den Rekordwert von annähernd 100 Milliarden Euro. Zudem bescheren auch institutionelle Investoren wie Versicherer, Pensions- und Versorgungskassen der Branche beeindruckende Wachstumszahlen. So vervierfachte sich in den vergangenen zehn Jahren das Nettofondsvermögen in Immobilien-Spezialfonds auf aktuell 86 Milliarden Euro und ist damit nicht mehr weit vom Gesamtvermögen in den Publikumsfonds der Sparte entfernt (siehe Grafik).


Gute Nachrichten also zu Beginn eines Jahres, in dem der deutsche Offene Immobilienfonds seinen 60. Geburtstag feiert. Denn an Vitalität hat das Produkt – 1959 von der Internationalen Immobilien-Institut GmbH mit dem iii-Fonds Nr. 1 erstmals aufgelegt – ganz offensichtlich nichts verloren. Im Gegenteil. Aus den Krisen der vergangenen Jahrzehnte ist es insgesamt gestärkt hervorgegangen. Allen voran aus der globalen Finanzmarktkrise des Jahres 2008, als eine Vielzahl vor allem institutioneller Anleger gleichzeitig hohe Geldsummen aus Offenen Immobilienfonds abzog und diese so in Liquiditätsnot brachte, dass einige von ihnen vorübergehend die Rücknahme von Fondsanteilen aussetzen mussten. Nicht alle kamen in den Folgejahren wieder auf die Beine.


Diejenigen aber, die die Krise meisterten, zogen wichtige Lehren daraus – nicht zuletzt angehalten und unterstützt durch eine veränderte Regulatorik des deutschen Gesetzgebers. Dazu zählen die klare Trennung zwischen Fonds für private und institutionelle Anleger, die Einführung von Mindesthalte- und Kündigungsfristen sowie die proaktive Steuerung von Mittelzuflüssen durch die Fondsgesellschaften selbst, die inzwischen vielfach neu auszugebende Fondsanteile vorausschauend kontingentieren. 


Bewertungsdisziplin hat sich bewährt

Insbesondere aber hat sich im Lauf der zurückliegenden zehn Jahre vieles in der Investment- und Managementstrategie der Immobilien-Kapitalanlagegesellschaften verändert. „Die frühere Buy-and-Hold-Strategie etwa ist inzwischen einem sehr aktiven Management gewichen“, sagt Reinhard Kutscher, Vorsitzender der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH. So liege aktuell das Durchschnittsalter aller Liegenschaften in Offenen Immobilienfonds von Union Investment bei nur etwas über zwölf Jahren, ein eindrücklicher Beweis für ein beschleunigtes, vor allem aber konsistentes An- und Verkaufsmanagement. „Die Analyse des Portfolios ist inzwischen ein stetiger, fortlaufender Prozess“, erläutert Kutscher. Aspekte wie die nachhaltige Ertragskraft eines Objekts würden dabei ebenso berücksichtigt wie dessen Position im typischen Immobilienlebenszyklus und das Ergebnis aus der Analyse des jeweiligen regionalen Marktgeschehens.


„Zudem hat die Branche in jüngster Zeit erhebliche Anstrengungen unternommen, um sinnvolle und auf das Immobilieninvestment angepasste Risikomanagementstrategien aufzubauen und entsprechende Instrumente zu implementieren“, betont Kutscher. „Diese Aufgabe wird die Branche in den kommenden Jahren weiterhin sehr konsequent verfolgen.“ Unterstützt wird die hohe Wertstabilität von Anteilen an Offenen Immobilienfonds durch die Bewertungspraxis der unabhängigen Gutachter, die jedes Fondsobjekt vor dem Ankauf und danach mindestens einmal im Quartal bewerten müssen. Diese ist auf nachhaltig erzielbare Erträge und eine langfristige Perspektive ausgerichtet. Angesichts des weltweit nach wie vor starken Interesses an Immobilieninvestments und den in der Folge deutlich gestiegenen Kaufpreisen kletterten zwar auch bei deutschen Offenen Immobilien-Publikumsfonds seit 2015 die Objektbewertungen und mit ihnen die Wertänderungsrenditen an. „Die Zunahme erfolgt jedoch in deutlich geringerem Tempo als der globale Preisanstieg auf den Immobilienmärkten“, bestätigt eine Studie der Ratingagentur Scope die konservative Bewertungspraxis der Branche.


Diese Bewertungsdisziplin, die immer die langfristigen Folgen kurzfristiger Ausschläge sowohl nach oben wie nach unten im Blick behalte, habe sich in den vergangenen sechs Jahrzehnten im Sinne der Fondsanleger mehr als bewährt, betont Kutscher. „Die Performance Offener Immobilienfonds hat in dieser Zeit fast immer die Inflationsrate deutlich geschlagen“ (siehe Grafik). In Kombination mit der vergleichsweise hohen Sicherheit der Anlageform sei dies, davon ist Kutscher überzeugt, ein eindrückliches Zeichen für die Stärke des Offenen Immobilienfonds – auch und erst recht im beginnenden siebten Jahrzehnt seines Bestehens.


Von Anne Wiktorin


Titelbild: Getty Images/ Rosa María Fernández Rz

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