
Den Zyklus reiten
Trotz ansehnlicher Investment- und Vermietungszahlen ist die Zukunft der internationalen Büroimmobilienmärkte mit vielen Fragezeichen versehen, schon aufgrund der geopolitischen Unwägbarkeiten. Umso wichtiger ist jetzt die Kunst des aktiven Asset Managements.
Zu den Vorzeigeschönheiten Berlins zählt die Potsdamer Straße nicht. Doch seit einigen Jahren erlebt die im westlichen Zentrum der Stadt gelegene Straße einen bemerkenswerten Aufschwung: Hochwertige Design- und Modeläden sowie angesagte Restaurants locken eine neue Klientel in die früher recht heruntergekommene Gegend. Und jetzt wird auch noch ein in die Jahre gekommenes Gebäudeensemble aufgewertet: Der Projektentwickler Pecan Development unterzieht im Auftrag internationaler Investoren einen ehemaligen Commerzbank-Standort einem Facelifting und ergänzt ihn durch einen Neubau. 27.000 Quadratmeter Bürofläche entstehen auf diese Weise, die unter dem sinnigen Projektnamen „Im Wirtschaftswunder“ vermarktet werden.
Mit der Revitalisierung des Bürostandorts gibt der Projektentwickler eine mögliche Antwort auf die Frage, die derzeit alle Asset Manager umtreibt: Wie können sie angesichts eines weit fortgeschrittenen Marktzyklus sowie zahlreicher politischer und ökonomischer Unwägbarkeiten verantwortungsvoll mit den ihnen anvertrauten Geldern umgehen?
Schwierig ist die Antwort auf diese Frage, weil die Signale sehr unterschiedlich sind. Einerseits verzeichnete der europäische Büroimmobilienmarkt 2018 erneut ein herausragendes Jahr. Seit acht Quartalen steigen europaweit die Büromieten, wie die Beratungsgesellschaft Cushman & Wakefield ermittelt hat. Trotz makroökonomischer Risiken sieht die Royal Institution of Chartered Suveyors die europäischen Immobilienmärkte weiter auf Erfolgskurs. Und der „Real Estate Investor Survey“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC zeigt, dass Investoren weiterhin optimistisch auf den deutschen Immobilienmarkt blicken.
Anleger beschäftigen sich verstärkt mit der Frage, was mit ihren Objekten passiert, wenn die Konjunktur nachlässt und das Mietwachstum sich abschwächt.
Große Unsicherheiten
Auf der anderen Seite mehren sich die Anzeichen, dass der Boom an sein Ende kommen könnte. Gegen Ende 2018 verzeichneten die großen Börsenindizes – nicht zuletzt wegen der Ungewissheit über den bevorstehenden Brexit – erhebliche Verluste. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) senkte ihre Wachstumsprognose sowohl für die Weltwirtschaft als auch für Deutschland. Entsprechend sackte das vom Immobilienfinanzierer Deutsche Hypo für den deutschen Markt ermittelte Immobilienklima im Dezember 2018 regelrecht ab und erreichte den niedrigsten Wert seit mehr als sechs Jahren.
Hinzu kommt die Ungewissheit, wie es an der Zinsfront weitergehen wird. Seit die Europäische Zentralbank (EZB) ankündigte, das Ankaufsprogramm für Staatsanleihen auslaufen zu lassen, schien eine Zinserhöhung näher gerückt zu sein. Mittlerweile sind sich die Experten da aber nicht mehr so sicher. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) beispielsweise erwartet, dass auch bei einem Ausstieg der EZB aus der expansiven Geldpolitik sich die Zinsen bis 2025 gerade einmal auf 1,3 Prozent erhöhen werden.

Was bedeutet das alles? „Wir sind wahrscheinlich sehr nah am absoluten Höhepunkt des Immobilienzyklus“, sagt Sabine Barthauer, Vorstandsmitglied bei Deutsche Hypo. Sie beobachtet, dass sich Anleger „verstärkt mit der Frage beschäftigen, was mit ihren Objekten passiert, wenn die Konjunktur nachlässt und das Mietwachstum sich abschwächt“. Gerade institutionelle Investoren konzentrieren sich Barthauer zufolge deshalb in Bezug auf Büroimmobilien verstärkt auf A-Städte und größere B-Städte, da sie dort eine Wertsteigerung oder zumindest Wertstabilität erwarten.
Ein etwas anderes Bild zeichnet eine Umfrage, die Engel & Völkers Investment Consulting unter in Deutschland tätigen Investoren durchgeführt hat. Demnach planen lediglich 38 Prozent der Anleger, verstärkt in den Top-Sieben-Städten zu investieren. 48 Prozent der Anleger wollen hingegen ihr Engagement an B-Standorten intensivieren, während 52 Prozent ein Auge auf das Umland der Metropolen geworfen haben. Besonders interessant für Philip La Pierre, Head of Continental Europe bei LaSalle Investment Management, sind dabei „Lagen rund um die klassischen Central Business Districts (CBD), die gut an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden sind“. Dort bestehe Nachholbedarf bei den Mieten, argumentiert La Pierre. „Deshalb investieren wir dort gern etwas mehr, um nach einem Refurbishment eine deutlich höhere Miete zu generieren. Auch ein Abriss mit anschließender Neubebauung kommt an solchen Standorten infrage.“