
Aufwand lohnt sich
Jahrelang haben institutionelle Immobilienkäufer vor allem nach der Devise gehandelt: je größer, desto besser. Jetzt entdecken sie wieder den Charme kleinerer Investments.
Auf dem deutschen Büroinvestmentmarkt wurde 2018 mächtig geklotzt. Nicht nur investierten in- und ausländische Käufer annähernd 30 Milliarden Euro im Segment – sie griffen auch besonders gern bei großen Gebäuden zu. Für das Gesamtjahr zählten die Analysten des Immobilienberatungsunternehmens BNP Paribas Real Estate 65 Ankäufe einzelner Gebäude im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich.
Doch das spiegelt nur die eine Seite des aktuellen Marktgeschehens. Es häufen sich Meldungen über Immobilienankäufe institutioneller Investoren in Größenordnungen, die zuvor eher privaten Käufern oder Family Offices zuzurechnen waren. So erwarb im Januar die Immobilienfondsgesellschaft Deka für das Portfolio eines Spezialfonds das Ende November 2018 eröffnete Forum Krefeld – eine gemischt genutzte Immobilie mit überschaubaren 8.000 Quadratmetern Fläche. Der Preis, über den Stillschweigen vereinbart wurde, dürfte im niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich liegen.
Fester Faktor beim Ankaufsspektrum
Bereits seit Längerem greift auch Union Investment gern bei kleineren Liegenschaften zu. So erwarb der Hamburger Investmentmanager zum Jahresende 2018 eine vollständig an den IT-Dienstleister Dimension Data vermietete Büroimmobilie in Bad Homburg. Auch in diesem Fall wurde das Gebäude für einen Spezialfonds angekauft – und mit einer Mietfläche von 6.750 Quadratmetern zu einem ebenfalls niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Kaufpreis gehandelt. Eine ähnliche Größenordnung hat das Bürohaus Step 8.3 in Stuttgart. Das sechsgeschossige, 2018 fertiggestellte und komplett vermietete Gebäude umfasst gerade einmal 8.000 Quadratmeter. Erworben wurde das Objekt von Union Investment für ihren österreichischen Immobilien-Publikumsfonds immofonds 1.
Die beiden Beispiele sind keineswegs Ausnahmen, betont Martin J. Brühl, Chief Investment Officer und Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH: „Wir haben unser Ankaufsspektrum in den letzten drei Jahren signifikant erweitert. Speziell bei Bestandsgebäuden ist das kleinvolumige Marktsegment heute ein fester Faktor und wird weiter an Bedeutung gewinnen – sowohl was unsere institutionellen Lösungen als auch unsere Produkte für Privatkunden betrifft.“ Immerhin 25 der insgesamt 36 Ankäufe im Gesamtvolumen von 2,3 Milliarden Euro, die Union Investment im vergangenen Jahr tätigte, lagen unterhalb der Marke von 50 Millionen Euro. Die Strategie macht Sinn – und das aus mehreren Gründen. So erfolgte gut die Hälfte der in Deutschland abgeschlossenen Großdeals im vergangenen Jahr mit dem Geld ausländischer Kapitalsammelstellen. „Ausländische Investoren konnten sich bei diesen Großdeals häufiger gegen die Konkurrenz aus dem Inland durchsetzen“, beschreibt Matthias Leube, Deutschlandchef des Immobilienberaters Colliers International, das Geschehen.
Das heißt: Die internationalen Investoren waren bereit, höhere Preise zu zahlen als heimische Mitbewerber, was die ohnehin rekordniedrigen Spitzenankaufsrenditen für Bürohäuser in deutschen Metropolen weiter auf Talfahrt schickte – im Jahresvergleich sanken sie um 0,1 Prozentpunkte auf nicht einmal mehr 3,2 Prozent, wie das Immobilienberatungsunternehmen CBRE berechnet hat.
Inländische Investoren beobachten die steigenden Kaufpreise im eigenen Land seit geraumer Zeit mit Skepsis – und suchen nach strategischen Ausweich- oder Ergänzungsmöglichkeiten für ihre Portfolios.
Matthias Pink, Researchleiter beim internationalen Immobilienberater Savills in Deutschland, unterstützt ausdrücklich den Ansatz der Investoren, auch kleinere Objekte wieder stärker in den Blick zu nehmen. Sie seien in den vergangenen Jahren in den Hintergrund gerückt, sagt er. So haben deutschlandweit die Anteile gewerblicher Immobilientransaktionen unterhalb von 50 Millionen Euro pro Ankauf in den vergangenen sechs Jahren kontinuierlich abgenommen, zeigt eine Auswertung des Immobilienberaters JLL. Zum Gesamttransaktionsvolumen von 29,5 Milliarden Euro im Jahr 2018 in Deutschland trugen diese Verkäufe mit nur rund 5 Milliarden Euro bei. Aktuell liege das durchschnittliche Objektvolumen bei deutlich mehr als 50 Millionen Euro, ergänzt Savills-Researcher Pink und folgert: „Um diesen Wert herum müsste also der Investorenwettbewerb am intensivsten sein.“ Wer ihn vermeiden wolle, für den könne es sinnvoll sein, geringere Objektvolumina zu fokussieren.
Projektankauf kein Hindernis
Pink verschweigt nicht die Kehrseite kleinteiligerer Investments: „Der Aufbau eines diversifizierten Portfolios geht mit höherem Aufwand einher“, sagt er. „Der Ankauf großvolumiger Objekte ist für das Fondsmanagement in der Regel effizienter“, bestätigt Sonja Knorr, Immobilienfondsanalystin beim Ratinghaus Scope. Denn der Umfang der Due Diligence und des gesamten Ankaufsprozesses sei bei großvolumigen Objekten kaum aufwendiger als bei kleineren Akquisitionen. „Allerdings steigen mit großen Objekten auch die Konzentrationsrisiken im Fonds“, warnt Knorr. So ist die strategische Rückbesinnung auf kleinere Objekte auch bei großen Publikumsfonds angekommen – und keineswegs auf Bürohäuser beschränkt. Erst kürzlich erwarb Union Investment für seinen 3,5 Milliarden Euro schweren UniImmo: Global eine Hotelimmobilie im historischen Stadtzentrum von Edinburgh. Mit rund 43 Millionen Euro fällt auch in diesem Beispiel der Kaufpreis vergleichsweise bescheiden aus. Und auch beim Projektankauf ist die geringe Größe kein Hindernis mehr: So erwarben die Hamburger Mitte 2018 ein damals noch im Bau befindliches Logistikzentrum in Monsheim bei Worms – ebenfalls für den UniImmo: Global. Mit einer Fläche von 63.000 Quadratmetern dürfte auch in diesem Fall der Preis unterhalb der 50-Millionen-Euro-Marke gelegen haben. Für die Kleinen gibt es also auch in den Portfolios großer Fonds noch viel Platz. Und Savills-Manager Pink ist sicher: „Gerade für langfristig orientierte Cashflow-Investoren dürfte sich der höhere Aufwand auszahlen.“
Von Anne Wiktorin